Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Vor gut einer Woche wurde gewählt. Nicht nur in der EU, sondern - eigentlich noch wichtiger - auch in der Ukraine. Die Ukrainische Übergangsregierung bat die Bürger an die Urnen, um einen neuen Präsidenten für das Krisen-erschütterte Land zu wählen. Mit dabei als Wahlbeobachter war auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko. Marcel Joppa hat für die STIMME RUSSLANDS mit ihm über seinen Aufenthalt, die aktuelle Ost-West-Politik und die neuen Einsätze der ukrainischen Armee gesprochen.

Herr Hunko, bei uns heißt es so schön: vor der Wahl ist nach der Wahl - in der Ukraine dürfte das ganze etwas komplizierter sein. Wie haben Sie die Präsidentschaftswahlen dort erlebt?

Ich war einer von 42 Wahlbeobachtern des Europarates und war zunächst in Kiew und habe dort verschiedene Gespräche geführt und bin dann, gegen den Rat des Europarates, nach Odessa gefahren, weil ich wissen wollte wie sich die Lage im Süden und Südosten darstellt und auch weil ich dort das Gewerkschaftshaus besuchen wollte wo es am 2. Mai das Massaker gegeben hat. Also zu den Wahlen: man kann meines Erachtens nicht von freien und fairen Wahlen sprechen, weil es im Vorfeld doch sehr viel Repressionen gegen oppositionelle Kandidaten die im Widerspruch zur Übergangsregierung standen gegeben hat. Zum Beispiel gegen den Kandidaten der Kommunistischen Partei Simonenko und auch verschiedene andere Kandidaten aus dem Spektrum der Partei der Regionen die dann auch ihre Kandidatur zurückgezogen haben. Das ist das eine große Problem was man erwähnen muss. Das zweite ist, dass in einem Gebiet mit 5,1 Millionen Wahlberechtigten, nämlich in Donezk und Luhansk die Wahlen praktisch kaum möglich waren aufgrund der Situation eines Bürgerkrieges. Es gab den Militäreinsatz der auch nochmal in den Tagen vor der Wahl verstärkt wurde, nach der Wahl dann noch weiter. Dort war die Wahl nur sehr sehr eingeschränkt möglich sodass man schon von einer eingeschränkten Legitimität des Präsidenten sprechen kann. Was den Wahltag selbst angeht ist meine Beobachtung auch in Odessa gewesen, dass die Wahlen dort gut abgelaufen sind. Es war friedlich, auch in der ganzen Region. Es war eine friedliche Atmosphäre und auch dort gab es durchaus eine relevante Wahlbeteiligung. Ich habe damit gerechnet, weil Odessa traditionell eher kritisch zu Kiew steht. Viele Menschen standen auch zu der Übergangsregierung sehr kritisch und sie haben eine eigene Identität als Stadt am Schwarzen Meer, wie das oft bei Hafenstädten der Fall ist. Odessa fühlt sich gar nicht so eng zu Ukraine zugehörig genauso wenig wie zu Russland, sondern hat so eine eigene Identität. Ich habe damit gerechnet, dass die Wahlbeteiligung dort so bei 20%-30%, sie lag aber bei 50%. Es gab durchaus einen realen, friedlichen Wahlvorgang und ich interpretiere auch den deutlichen Erfolg von Poroschenko dahingehend, dass viele Menschen gehofft haben, dass mit ihm Stabilität einkehrt und vielleicht auch eine Deeskalation erreicht wird, weil er das durchaus gesagt hat im Wahlkampf, dass er auch mit dem Osten reden will. Leider hat sich das als Illusion herausgestellt, die Situation stellt sich jetzt ganz anders dar.

Nun können selbst die vielen Wahlbeobachter der OSZE natürlich nicht überall gewesen sein, das Problem ist, dass im Osten vielfach nicht gewählt werden konnte, also das heißt, dass im Westen umso mehr gewählt wurde und vielleicht dann auch das Verhältnis zu Poroschenko unterstützend gewirkt hat.

Ja natürlich. Die Menschen in Donezk und Lugansk sind 1/7 der Wahlbevölkerung, also ein relevanter Anteil und wählen traditionell anders als die Menschen in Lemberg, traditionell eher die Partei der Regionen oder die kommunistische Partei. Deren Kandidaten waren entweder zurückgezogen, oder aussichtslos. Das hat natürlich das Wahlergebnis insgesamt verschoben. Überhaupt keine Frage. Nichts desto trotz glaube ich schon, dass man sagen kann, ich habe verschiedene Wahllokale besucht kurz vor Ende der Auszählungen und ich konnte dort sehen, dass die Wahlbeteiligung in verschiedenen Wahllokalen um die 50% lag, also auch in Odessa, auf dem Level der Europawahl und das dort auch der Trend sichtbar war Richtung Poroschenko und das interpretiere ich als Wunsch nach Stabilität und Deeskalation. Weil seine aussichtsreichen Gegenkandidaten Timoschenko und Ljaschko wesentlich aggressiver, polarisierender aufgetreten sind als er. Dass es freie und faire Wahlen waren, das kann diese Wahl nicht für sich in Anspruch nehmen.

Mir sind bei einigen Bildern aus der Ukraine direkt auch Bilder von der jetzigen EU-Wahl in den Kopf gekommen. Bei der EU wird ja gerade diskutiert, ob die Wahl eigentlich rechtmäßig ist wegen der doppelten Stimmabgabe bei doppelter Staatsbürgerschaft. Und Bilder aus der Ukraine bei der Wahl haben manchmal gezeigt dass Menschen ganz selbstverständlich mit zwei Stimmzetteln zur Urne gegangen sind. Das haben Sie selbst aber nicht beobachtet?

Nein, das habe ich nicht beobachtet. In Odessa war es so, dass gleichzeitig auch Bürgermeisterwahlen waren, von daher sind das auch zwei Stimmzettel in unterschiedlichen Farben gewesen. Ich will das jetzt nicht ausschließen, das kann sicherlich gewesen sein, das ist durchaus denkbar.

Andere sehr erschreckende Bilder sieht man zur Zeit aus dem Osten der Ukraine, aus Lugansk wo Kampfjets die Stadt bombardieren, auch mit eigentlich verbotenen Kofferbomben. Es sind auch Zivilisten getötet worden. Muss und vor allem kann man das ukrainische Militär daran eigentlich hindern?

Man muss die ukrainische Regierung unbedingt auffordern diesen Militäreinsatz zu stoppen. Es ist ein Militäreinsatz mit Ansage – ich hatte zwei Tage vor der Wahl die Gelegenheit mit Regierungsvertretern in Kiew zu sprechen und man hat mir gesagt, dass unmittelbar nach der Wahl ein state of emergency ausgerufen wird, so war der Ausdruck, dass also eine militärische Offensive gestartet wird. Es gab ja vorher schon den Militäreinsatz, es ist ja jetzt nicht so, dass da vorher nichts war, aber das hieße ja, dass noch weiter eskaliert wird, dafür gab es mit Sicherheit grünes Licht vom Westen. Insbesondere von den USA, auch von der EU, man hört keine kritischen Stimmen und ich habe auch nochmal nachgefragt, ob denn keine friedliche Lösung denkbar ist, ob man nicht nach den Wahlen miteinander in Verhandlungen treten will wie Poroschenko es teilweise ja auch angedeutet hat. Das wurde verneint. Das ist eine schlimme Entwicklung und ich finde, dass die ukrainische Regierung dringend aufgefordert werden muss diese weitere Eskalation zu stoppen und Waffenruhe herzustellen, um dann auf dieser Basis zu Gesprächen zu kommen. Ich hatte auch die Gelegenheit mit Ischinger zu sprechen, der ja die runden Tische organisiert hat, der hat auch die Waffenruhe als wünschenswert dargestellt. Er hat das begründet warum die runden Tische so stattgefunden haben wie sie stattgefunden haben, aber ich denke, da müssen reale Vertreter der Aufständischen im Osten mit an die Tische, man braucht ja nicht mit sich selbst zu diskutieren. Und das auf der Basis einer Waffenruhe, anders macht das keinen Sinn. Leider gibt es Kräfte in der Ukraine und auch über die Ukraine hinaus, die auf die militärische Karte setzen und die die Vorstellung haben, dass man den Konflikt im Osten der Ukraine militärisch lösen kann.

Ist es nicht eine Doppelzüngigkeit wenn der Westen einerseits sagt, wir müssen zu diplomatischen Verhandlungen zurückkehren, es muss einen runden Tisch geben, wer auch immer daran teilnehmen soll und andererseits gibt es auch keinerlei Kritik an den jetzigen Militäreinsätzen.

Ja, das ist eine Doppelzüngigkeit. Die habe ich ja gerade versucht darzustellen. Dieser Militäreinsatz wird vom Westen gedeckt. Von fast allen Regierungschefs der EU und der USA, von den Nato-Staaten, es gibt keine ernsthaften Aufforderungen diesen Militäreinsatz zu stoppen. Weil ich wusste, dass diese Pläne da sind, habe ich auch versucht in die Resolution des Europarates zu den Wahlen eine Formulierung rein zu bringen- ich habe vorgeschlagen dass das thematisiert wird und es ist auch ein Satz drin, der sagt: „ there is no military solution“, aber das ist vielleicht nicht ausreichend. Immerhin ist das eine Aussage des Europarates. Aber das müsste man noch deutlich verstärken und es wäre auch hier sehr sehr wichtig, dass die deutsche Bundesregierung, dass auch der Außenminister Steinmeier hier Klartext spricht und sagt, dieser Militäreinsatz muss gestoppt werden. Wir werden morgen im Bundestag die Diskussion haben, wir haben eine Regierungserklärung morgen Nachmittag und da werden wir als Linksfraktion das auch sehr deutlich machen.

Gerade die aktuelle Situation in der Ukraine zeigt ja auch wie gefährlich die Wahlbeobachtermission in vielen Teilen des Landes gewesen ist. Im Osten der Ukraine werden weiterhin OSZE-Teams vermisst – Russland hat bereits Gespräche mit Aktivisten im Osten aufgenommen. Die dort sprechen von Spionageverdacht. Ist das für Sie plausibel?

Man muss genau hinschauen wenn von OSZE-Beobachtern die Rede ist, wer ist jetzt genau damit gemeint. Wir hatten vor einigen Wochen die Situation, dass Militärbeobachter aus Deutschland dort waren, die zwar auf der Grundlage des Wiener-Vertrages, also eines OSZE-Vertrages dort waren, aber auf bilateraler Basis. Das hat eigentlich nichts mit einer mandatierten OSZE-Delegation zu tun. Auch die jetzigen OSZE-Beobachter sind wieder etwas anderes. Sie sind zwar mandatiert, sind aber keine Wahlbeobachter soweit ich weiß, auch das muss man auseinanderhalten. Für uns war es so, dass wir angehalten wurden in der Umgebung von Kiew oder Lviv zu bleiben. Auch viele Abgeordnete die als Wahlbeobachter dort waren wollten nach Odessa oder nach Scharkow, wo ja eine andere Situation ist, wo es jetzt keinen Bürgerkrieg gibt wie in Donezk oder Luhansk, das war für die meisten nicht möglich. Wir haben das dann durchgesetzt, letztlich haben wir als Wahlbeobachter, jedenfalls als abgeordnete Wahlbeobachter des Europarates das Recht überall hin zu gehen wo wir wollen. Aber natürlich war das für mich in Donezk und Luhansk auch zu gefährlich. Aber ich wollte schon in den Osten oder Südosten gehen und habe das auch gemacht. Denn ich wollte auch dort, wo die Bevölkerung eben nicht traditionell pro-westlich, pro-EU orientiert ist, sehen wie sie auf die Entwicklung reagieren und ich glaube, dass das sehr wichtig war. Vielleicht kann ich noch sagen, dass es für mich auch sehr wichtig war das Gewerkschaftshaus in Odessa zu besuchen wo es am 2. Mai ein furchtbares Massaker gegeben hat. Die offiziellen Zahlen reden jetzt von mindestens 48 Toten, wahrscheinlich waren es noch viel mehr. Hier muss ich leider feststellen, dass in den internationalen Organisationen und auch in den westlichen Mainstream-Medien dieses Ereignis vertuscht wird. Es ist immer die Rede von einer Tragödie, so wie wenn es eine Naturkatastrophe gegeben hat. Dass dort mutmaßlich Faschisten ein Massaker veranstaltet haben, Leute das Haus angezündet haben, Leute erschossen haben und so weiter, wird nicht ausreichend thematisiert. Deswegen war es mir wichtig dorthin zu gehen, dort auch der Opfer zu gedenken und ich fordere auch hier, dass dieses Massaker untersucht wird durch eine internationale Untersuchungskommission, so wie auch die Schüsse am 20.Februar auf dem Maidan.

Herr Hunko, Sie selbst haben die Gefahr im Osten der Ukraine erlebt als Sie zur Wahlbeobachtung dort gewesen sind – die OSZE hat jetzt angekündigt, wenn es für sie zu gefährlich würde, sollte die Mission in der Ukraine abgebrochen werden. Würde das eventuell zu einer Verschärfung der Lage führen?

Ich hätte da schon Verständnis wenn die OSZE sagt für unsere Beobachter dort wird die Lage zu gefährlich. Wir haben ja jetzt eine Situation wo auch die Luftwaffe eingreift und Städte bombardiert und von der anderen Seite auch entsprechend geschossen wird. Dafür hätte ich schon Verständnis. Es wäre natürlich ein schlechtes Zeichen wenn die Beobachtung abgebrochen würde, aber natürlich geht die Sicherheit der Beobachter vor. Gerade die OSZE oder auch andere internationale Organisationen wie jetzt der Europarat oder die UNO, das sind so die drei die eigentlich da jetzt eine Rolle spielen in dem Konflikt könnten jetzt eine sehr wichtige konfliktentschärfende, deeskalierende Rolle spielen. Denn sonst haben wir keine Gremien mehr die in irgendeiner Weise dort agieren könnten.

Was kann denn der neue Präsident Pjotr Poroschenko eigentlich dazu jetzt beitragen? Er hatte vor der Wahl angekündigt dass er auch im Osten Gespräche führen möchte. Allerdings wissen wir von ihm auch, er ist ein ukrainischer Oligarch – im Land selbst ist die Korruption sehr hoch, kann er da tatsächlich helfen? Oder ist das im Moment die einzige Hoffnung die wir haben?

Wir haben zwei Dimensionen des Konfliktes in der Ukraine. Einmal die geopolitische Dimension, da wäre es wichtig zu einer Waffenruhe zu kommen. Es ist ja jetzt so, dass wir eine 10 tägige Übergangszeit haben bis Poroschenko im Amt ist. Also eigentlich ist jetzt noch Turtschinow Oberbefehlshaber und möglicherweise lässt Poroschenko ihn auch jetzt noch die Drecksarbeit machen, um sich selbst die Hände nicht schmutzig zu machen. Also es wäre wichtig, hier zu einer Waffenruhe zu kommen. Es gab ja im Wahlkampf die Signale von Poroschenko, dass er als erste Reise nach Donezk fahren will und sich dort mit den Menschen treffen will. Was man als Signale in Richtung einer Deeskalation interpretieren kann. Also hier wäre es wichtig, Waffenruhe, Gespräche mit dem Osten, runde Tische, möglicherweise einen neuen Genfer Prozess, also das heißt wie vor einigen Wochen in Genf einen Fahrplan zur Deeskalation aufzustellen .Dann müssten aber auch sehr konkrete Umsetzungsschritte verabredet werden, denndas war beim letzten Mal ja so, dass am nächsten Tag das völlig anders interpretiert wurde was da beschlossen wurde. Das ist die die geopolitische Dimension. Die andere ist natürlich die innerukrainische soziale Lage, die Ungleichheit, die Oligarchisierung. Poroschenko selbst ist ein großer Oligarch, von daher habe ich wenig Hoffnung, dass er sehr motiviert ist die Macht der Oligarchen einzuschränken. Was ich für sehr notwendig halten würde. Das war ja auch ein Motiv der Proteste auf dem Maidan, was dann jetzt total in den Hintergrund getreten ist. Ich glaube hier wäre es für den Fall dass sich die Bürgerkriegssituation entspannt wichtig, dass die Bundesregierung Signale setzt. Also wir sagen zum Beispiel dass man die Ukraine unterstützen sollte, sie ist ja ökonomisch ziemlich am Ende, dass man aber Hilfskredite an 3 Bedingungen knüpfen sollte: 1. das der Militäreinsatz gestoppt wird, 2. das keine Regierung mehr besteht an der Faschisten beteiligt sind, wie jetzt mit der Swoboda-Partei und 3. dass die Oligarchen auch ihren Anteil leisten, dass sie sozusagen auch zur Kasse gebeten werden. Wenn ich mir überlege, es war die Rede von elf Milliarden Euro als Hilfskredit und Achmetow allein über ein Vermögen verfügt, das höher ist als das was hier zur Disposition steht. Da stellt sich natürlich die Frage dass man die Oligarchen eben auch beteiligen muss und damit auch ein Stück weit entmachten muss. Das wäre eine wichtige Bedingung, wenn man überhaupt über Kredite sprechen will.

Russland hat dem UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf zu Bewältigung der humanitären Krise in der Ostukraine vorgelegt. Gefordert wird ein sofortiges Ende der Gewalt, ein Beginn von Verhandlungen und Fluchtkorridore für Zivilisten. Kritik dafür gab es Seitens der USA, da scheinen sehr verhärtete Fronten gerade aufeinander zu treffen, obwohl gerade solche Vorschläge da durchaus nützlich und sinnvoll sind.

Ja, ich habe den kompletten Resolutionsentwurf noch nicht lesen können, ich kenne auch nur diese Kurzdarstellung in den Medien und da muss ich sagen, das macht Sinn. Es ist ja so, dass die Menschen ausder Ostukraine Richtung Russland fliehen wegen der Bombardierungen. Es gibt auch Berichte dass die ukrainischen Armee gedroht hat Zivilisten zu erschießen, wenn die Besetzer ihre Waffen nicht abgeben und sich ergeben. Also das sind ganz furchtbare Entwicklungen, da droht eine humanitäre Tragödie und insofern finde ich sollte man diesen Vorstoß Russlands erstmal genau prüfen und nicht so von vorne herein wie die USA das jetzt gemacht haben ablehnen. Denn ich finde jeden Schritt Richtung Deeskalation ist im Augenblick unterstützenswert.

Ein anderes Zeichen geht von der Nato aus. Der Nato-Generalsekretär Anders Fog Rasmussen hat die Mitgliedstaaten aufgefordert mehr Geld für Waffen und Soldaten auszugeben. Der Grund: auch Russland habe seine Wehrausgaben jährlich erhöht. Werden bei Ihnen da Erinnerungen an den Kalten Krieg wach wenn es um Wettrüsten geht?

Das ist ja gar nicht so neu, das war ja schon vor einigen Wochen so eine Aufforderung eine neue Rüstungsspirale in Gang zu setzen, einzelne EU-Länder haben das ja auch schon in entsprechende Entschlüsse gefasst, also das ist der völlig falsche Weg. Wir können wirklich froh sein, dass die Zeit des Wettrüstens und des Kalten Krieges vorbei ist, das die Mittel für militärische Ausgaben auch entsprechend reduziert werden. Jetzt aufgrund dieses Konfliktes in eine neue Rüstungsphase einzutreten halte ich für völlig falsch. Also da würde ich lieber doch auf Verhandlungen, auf Deeskalation setzen und profitieren werden davon nicht die Menschen hier in Europa, aber dann auch einige Konzerne, die haben natürlich ein Interesse daran.

Was erwarten Sie von der jetzt kommenden Debatte im Bundestag?

Ich bin sehr sehr gespannt, ich kann das nicht genau prognostizieren. Die deutsche Bundesregierung hat sich im Rahmen der auch vom Westen betriebenen Eskalation eher als zurückhaltend positioniert, sie hat den Rahmen nie verlassen. Also sie ist schon Teil dieses westlichen Eskalationsbündnisses, aber ich hoffe, dass sie diese zurückhaltende Rolle weiter einhält, vielleicht verstärkt. Das zum Beispiel auch Aussagen in Richtung Beendigung des Militäreinsatzes kommen. Morgen werden wir die Debatte haben, heute werden auch die anderen Abgeordneten die Bilder mitkriegen, was gerade im Osten passiert. Ich mache die Erfahrung wenn ich mit Kollegen verschiedener Fraktionen spreche, auch mit der Regierungsfraktion, dass es durchaus viele Abgeordnete gibt die tendenziell eine ähnliche Meinung haben wie ich, die jetzt nicht so zum Ausdruck kommt.

Auch Abseits der Linkspartei?

Abseits ja, auch in der CDU/CSU gibt es durchaus sehr kritische Stimmen, aber letztlich wird sich die Bundesregierung nicht außerhalb eines Konsenses stellen der in der Nato dominant ist.

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko