Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Wir begrüßen die vor kurzem geäußerte kritische Haltung des Bundesentwicklungsministeriums gegenüber dem umstrittenen Ilisu-Staudammprojekt in der kurdischen Region der Türkei und fordern es auf, diesen Äußerungen auch Schritte folgen zu lassen. Dazu die Stellungnahme von Hamide Akbayir und Andrej Hunko, Umweltpolitische Sprecher Die Linke.NRW.

In einem Vermerk des Bundeswirtschaftsministeriums vom 4. April 2008 heißt es, das Entwicklungsministerium fordere eine „harte politische Reaktion der Bundesregierung auf die weiterhin äußerst mangelhafte Umsetzung“ der Auflagen für die Türkei und einen eventuellen Rückzug aus dem Projekt. Das begrüßen auch die Landesvorstandsmitglieder Elisabeth August und Hamide Akbayir, die am 19. März 2008 an dem Aktion „Rettet Hasankeyf“ teilgenommen hatten. Durch ihre Gespräche mit den Vertretern der Zivilgesellschaftlichen Organisationen vor Ort können sie bestätigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung in dieser Region gegen den Bau dieses Staudammes sind.

Vier Bundesministerien hatten in einem interministeriellen Ausschuss im März 2007 eine Hermesbürgschaft in Höhe von knapp 200 Mio. Euro (zusammen mit den Regierungen der Schweiz und Österreich ca. 500 Mio. Euro) für das höchst problematische Ilisu Projekt trotz vieler Proteste vergeben. Diese wurden an 153 Auflagen in den Bereichen Umsiedlung (bis zu 78.000 Menschen betroffen), Kultur (im Mittelpunkt die 10.000 Jahre alte Stadt Hasankeyf), Umwelt (Tigristal weitgehend unbeeinflusst und kaum erforscht) und Internationale Beziehungen (Irak und Syrien) verknüpft.

Bereits 2001/2002 scheiterte das Ilisu-Projekt infolge einer lokalen und auch breiten europäischen Kampagne, die auch in Deutschland geführt wurde. Seit 2005 ist das Projekt wieder auf der Tagesordnung und es gibt auch in Deutschland eine Reihe von Protesten, die von mehreren zivilen Organisationen (WEED, YXK, Urgewald, IRN, WWF, NABU, IPPNW, medico international, in NRW: Flüchtlingswerk Düsseldorf, kurdische Studierende (YXK) in Aachen, Bonn, Köln) organisiert werden. Es wird mit den Kampagnen in Österreich und der Schweiz, aber auch mit der lokalen Kampagne der „Initiative zur Rettung von Hasankeyf“ zusammengearbeitet.

Auslöser für die Kritik des Bundesentwicklungsministeriums ist die Anfang März 2008 erfolgte Veröffentlichung des ersten Berichtes des international zusammengesetzten „Ilisu Expertenkomitees“, das die Umsetzung der Auflagen überwachen soll. Denn dieser Bericht ist vernichtend und hat festgestellt, dass kaum eine der Auflagen von der Türkei trotz vertraglicher Verpflichtung umgesetzt wurde und die Kapazität dazu auch nicht vorhanden ist.

„Der Expertenbericht hat unsere schon oft geäußerte Kritik bestätigt. Dieses Projekt kann nicht durch Auflagen verbessert werden. Es muss sofort gestoppt werden“, so Ercan Ayboga von der internationalen Kampagne zur Rettung von Hasankeyf gegenüber junge Welt.

Dieser Expertenbericht soll der Anstoß für einen Ausstieg seitens der Bundesregierung aus diesem zerstörerischen Projekt sein. Die Hoffnung für die Rettung des Tigris-Tals, seinen vielen Bewohnern, Kulturgütern aus 12.000 Jahren Menschheitsgeschichte - darunter das antike Hasankeyf“ und das einmalige Tigrisökosystem, sollte nicht aufgegeben werden.

Das Entwicklungsministerium, das unter den vier für Ilisu verantwortlichen Ministerien noch die kritischste Haltung hat, soll ihrer geäußerten Kritik am Projekt nachkommen und einen Ausstieg durchsetzen. Der Expertenbericht liefert dafür genug Gründe.

Würde die Bundesregierung dieses Projekt mit unterstützen, macht sie sich eindeutig mitschuldig an gravierenden Umwelt- und Naturschäden und an Vernichtung der Wiege der Menschheit in dieser Region. Von der NRW-Landesregierung fordern wir, dass sie als bevölkerungsreichstes Land, in dem auch eine große Zahl von Kurdinnen und Kurden aus dieser betroffenen Region leben, mit ihren Einfluss auf die Bundesregierung geltend macht und eine Rücknahme der Hermesbürgschaft fordert.

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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