Parlamentarische Versammlung stimmt mit über zwei Dritteln für eine Empfehlung, die die europäische Krisenpolitik scharf kritisiert

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) hat sich besorgt über die Auswirkungen der Kürzungsmaßnahmen auf Demokratie und soziale Rechte geäußert. Die Versammlung verabschiedete 26. Juni in Straßburg mit einer großen Mehrheit einen Bericht, der unter anderem feststellt, dass „Haushaltseinschnitte bei den Sozialausgaben die Gefahr in sich bergen, die Krise weiter zu vertiefen und die sozialen Rechte zu untergraben“. Sie weist außerdem darauf hin, dass die Durchsetzung von „Sparmaßnahmen“ oft mit Institutionen verbunden sei, „deren Charakter Fragen nach der demokratischen Legitimation aufwerfen“. Dies sei zum Beispiel bei der Troika aus der Europäischen Kommission, dem IWF und der EZB der Fall.

„Eine große Mehrheit der PACE hat sich damit eindeutig gegen die Krisenpolitik in Europa ausgesprochen, die maßgeblich von der deutschen Bundesregierung vorangetrieben wird“, erklärt der Berichterstatter Andrej Hunko (DIE LINKE). „Mit Fiskalpakt und ESM will sie diese verfehlte Politik nun in Stein meißeln. Dabei haben die Entwicklungen in Griechenland in aller Deutlichkeit gezeigt, dass das Spardiktat wirtschaftlich unsinnig und sozial verheerend ist. Es freut mich, dass die Parlamentarische Versammlung des Europarates sich so deutlich gegen die aktuelle Krisenpolitik ausgesprochen hat.“

Den Vorschlägen Andrej Hunkos folgend, ruft die Versammlung zu einer tiefgreifenden Neuorientierung der aktuellen Austeritätsprogramme auf, um „ihre quasi-ausschließliche Fokussierung auf Ausgabenkürzungen im sozialen Bereich wie Renten, Gesundheitsversorgung oder der Familienförderung“ zu beenden.

Die Versammlung appelliert an die europäischen Regierungen, die Einnahmen zu erhöhen. Hierfür nennt sie als mögliche Maßnahmen die stärkere Besteuerung von höheren Einkommen und Vermögen, die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage und die Verbesserung der Steuererhebung, der Effizienz der Steuerverwaltung und des Kampfes gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung. Die Regierungen sollen auch die Möglichkeiten für die Einführung neuer Steuern auf bestimmte Arten von Finanztransaktionen in ganz Europa prüfen.

Schließlich sollten die Staaten Maßnahmen erwägen, um die demokratischen Strukturen und Prozesse durch neue Formen der Bürgerbeteiligung und Anhörung, wie Volksabstimmungen, zu modernisieren, wo immer die Verfassungen oder Gesetze dafür Möglichkeiten bieten.

Im Rahmen der Debatte sprach auch der frühere isländische Finanzminister und aktuelle Wirtschaftsminister Islands, Steingrímur Sigfússon, der auf Initiative Andrej Hunkos als „High Level Speaker“ eingeladen wurde. Er stellte den alternativen Weg Islands zur Bewältigung der Krise vor. Dabei unterstrich er: „Wir können kein System haben, dass permanent die Gewinne privatisiert und die Verluste sozialisiert. Das ist ein schreckliches System.“ Island hatte als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise die Banken nicht gerettet, sonder umstrukturiert und verstaatlicht. Außerdem führte die Regierung Kapitalverkehrsbeschränkungen und Steuern ein, die vor allem Wohlhabende betreffen, darunter eine Vermögensteuer.

 

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