Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

"Der Untersuchungsausschuss hat einen Filz aus Rüstungsindustrie und Bundeswehr zutage gefördert. Ziel war, die Entwicklung einer Drohne aus dem Hause EADS auf die Schiene zu setzen", erklärt der linke Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko, Stellv. Mitglied im Untersuchungsausschuss Euro Hawk, anlässlich der heutigen Vernehmung des Verteidigungsministers im Untersuchungsausschuss zur Drohnen-Pleite.

Andrej Hunko weiter:

"Nach einer Neuordnung des Konzerns holte die EADS-Tochter Cassidian das Drohnenprojekt 'Talarion' wieder aus der Versenkung. Rückenwind kam vom Koalitionsvertrag der CDU, CSU und FDP, wo die Förderung deutscher Drohnentechnologie festgeschrieben ist.

Zunächst war das neue 'Future European MALE' (FEMALE) als Konkurrenz zur israelischen 'Heron TP' und US-amerikanischen 'Predator' konzipiert. Im Sommer letzten Jahres erkannte Cassidian die Gunst der Stunde und stieß in die 'Fähigkeitslücke' der 'Signalgestützten Aufklärung': Denn zu diesem Zeitpunkt war bei der Bundeswehr das Scheitern der hoch fliegenden Spionagedrohne 'Euro Hawk' längst offenkundig.

Cassidian gelang es, das Projekt FEMALE in einer vom Militär deshalb in Auftrag gegebenen Studie über Ausstiegsszenarien zum 'Euro Hawk' zu platzieren. Untersucht wurden eigentlich nur auf dem Markt verfügbare Plattformen. Trotzdem wurde das - nicht einmal ansatzweise existierende - FEMALE ebenfalls bewertet. Hier zeigt sich eine skandalöse Kungelei bayerischer Militärzulieferer: Denn Cassidian durfte die entsprechenden Passagen in der Studie sogar selbst schreiben. Es wundert mich nicht, dass der mit EADS bestens befreundete Rüstungsdienstleister IABG im Ergebnis der Studie drei EADS-Vorhaben als beste Alternativen bewertet.

Entweder bekam das Verteidigungsministerium von der Kungelei zunächst nichts mit - allein dies wäre ein Grund zum Rücktritt, denn die Bundeswehr erwiese sich als vom Minister unkontrolliert – oder die jetzige Situation war von langer Hand geplant. Spätestens im Dezember 2012 hat de Maizière vom 'Euro Hawk'-Debakel erfahren.

Nach der Befragung des Cassidian-Chefs Bernhard Gerwert wurde offenkundig, dass der Minister mit der 'Reißleine' für den 'Euro Hawk' trotzdem monatelang wartete. Grund war der politische Wille zur Entwicklung  der EADS-Drohne FEMALE, wie es de Maizière seit letztem Jahr stets gegenüber der Presse erwähnt. Der Staatssekretär Stéphane Beemelmans hatte gestern ausgesagt, dass sein Dienstherr im Dezember 2012 mit dem Cassidian-Chef unter vier Augen lange über potentielle 'Partner' für das FEMALE sowie zeitliche Planungen sprach. Gerwert hatte sich demnach für derartige Bemühungen ausdrücklich bedankt.

Der Verteidigungsminister bestätigt heute im Untersuchungsausschuss, die Zulassung des FEMALE auf europäischer Ebene und bei der NATO auf die Tagesordnung gesetzt zu haben. Gespräche haben nicht nur auf der Münchener 'Sicherheitskonferenz' stattgefunden. Auch die 'Europäische Verteidigungsagentur' sowie der Europäische Auswärtige Dienst wurden von de Maizière und seinen Staatssekretären angehalten, eine internationale Regelung zur Zulassung von MALE-Drohnen zu befördern. Grundlage waren Materialien von EADS, die laut de Maizière von EADS zur Verfügung gestellt wurden.

Die sechs Tage des Untersuchungsausschusses halfen, die Drohnen-Strategie der Bundesregierung zu demaskieren. Alle Verteidigungsminister seit dem Jahr 2000, die mit dem Konstrukt der 'Fähigkeitslücke' den Euro Hawk auf den Weg gebracht hatten tragen ebenso einen Teil der Verantwortung, wie auch SPD und Grüne, die dem Projekt Euro Hawk bis zuletzt zugestimmt hatten. Die Öffentlichkeit wurde getäuscht, während die Rüstungsindustrie hohe Summen auf Kosten der öffentlichen Haushalte für Forschung, Entwicklung und Beschaffung einstreicht. Als Komplizen fungieren Firmen wie die IABG, aber auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt oder der Fraunhofer-Verbund. Alle sind als Unterauftragnehmer selbst am 'Euro Hawk' beteiligt.

DIE LINKE fordert die ausschließlich zivile Nutzung von unbemannten Plattformen. Nach dem Drohnen-Debakel des 'Euro Hawk' muss die Regierung die 'Reißleine' ziehen. Alle Drohnenprojekte sind bis zur Etablierung einer internationalen Drohnenkonvention zu stoppen. Personelle Konsequenzen sind unausweichlich. Dies betrifft das Verteidigungsministerium ebenso wie die Führungsebene der Bundeswehr. Alle Verträge, aber auch informelle Absprachen mit EADS gehören jetzt auf den Prüfstand".

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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