Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

„Das EGMR-Urteil zur so genannten ‚Parot-Doktrin‘ in Spanien ist ein wichtiger Schritt für die Verteidigung von Grundrechten in Europa“, kommentiert der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (DIE LINKE) das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Fall Inés del Río. Das Gericht in Strasbourg entschied, dass die wegen ETA-Mitgliedschaft und der Beteiligung an zahlreichen Anschlägen verurteilte Frau „so schnell wie möglich“ entlassen werden muss.

Hunko, der Mitglied im EU-Ausschuss des Bundestages und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ist, weiter:

„Spanien muss jetzt unverzüglich die Rechtspraxis der Parot-Doktrin beenden und die betroffenen Gefangenen freilassen. Die Anwendung der Doktrin war ein klarer Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien und ein unrühmliches Beispiel dafür, wie Anti-Terror-Gesetzgebung die Rechtsstaatlichkeit aushöhlen kann.

Für den baskischen Friedensprozess ist der Richterspruch eine positive Nachricht. Es wäre jedoch wünschenswert gewesen, dass die spanische Regierung von sich aus den Schritt zur Abschaffung gemacht hätte. Dies wäre ein positives Signal für den Willen zu einer politischen Lösung gewesen.

Der EGMR zeigt aber auch wieder einmal, dass Instrumente wie die Europäische Menschenrechtskonvention nötig sind, um die Grundrechte in Europa zu verteidigen.

Dies gilt im Übrigen nicht nur für Spanien: In England wird seit Jahren diskutiert, die EMRK aufzukündigen, weil manche Bestimmungen darin als unangenehm empfunden werden und die EU ist trotz vertraglicher Verpflichtung noch immer nicht der Konvention beigetreten. 2011 hat der EGMR die Abschiebungspolitik nach Griechenland gegeißelt und erst vergangenes Jahr kam der Europäische Ausschuss für soziale Rechte zum Urteil, dass die Auflagen der Troika für Hilfskredite an Griechenland teilweise gegen die Europäische Sozialcharta verstoßen haben.“

 

Hintergrund: Die Parot-Doktrin geht auf ein Urteil des Obersten Spanischen Gerichtshofs im Februar 2006 zurück und hat bislang verhindert, dass Gefangene mit Haftstrafen von deutlich mehr als 30 Jahren Hafterleichterungen erhielten. Sie wurde vor allem gegen Mitglieder der baskischen Untergrundorganisation ETA angewandt, die teilweise zu mehreren tausend Jahren Haft verurteilt wurden. Der EGMR hat nun im Fall Inés del Río rechtskräftig geurteilt, dass die Doktrin gegen Artikel 7 und 5.1 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt und die Hafterleichterung auf die maximale Haftdauer von 30 Jahren angerechnet werden muss, anstatt auf die Gesamtstrafe. Dadurch hätte Inés del Río bereits 2008 entlassen werden müssen. Etwa 50 andere Gefangene sind ebenfalls von der Regelung betroffen und dürften nun freigelassen werden.

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko