Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

„Sowohl das Bundeskriminalamt als auch die Bundespolizei untersuchen Technologien zur ferngesteuerten Manipulation von ‚nicht kooperativen Fahrzeugen‘. Im Ergebnis soll eine EU-weit einheitliche Lösung folgen“, warnt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko anlässlich der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu vernetzten Fahrzeugen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei untersuchen mit dem Rüstungskonzern Diehl BGT Defence seit 2006, wie Hochfrequenztechnik gegen Kraftfahrzeuge eingesetzt werden könnten. Das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt forscht gegenwärtig in einem EU-Projekt zur Miniaturisierung dieser Mikrowellenwaffen, um sie in Polizeifahrzeugen mitzuführen. Ein anderes EU-Vorhaben befördert die polizeiliche Bewaffnung von Drohnen mit Netzen, Nagelbrettern oder Sprühgeräten, um Autos und Boote aus der Luft zu stoppen.

Andrej Hunko weiter:

„Die Vorhaben erinnern an Szenarien aus Computerspielen. Ich kritisiere aber nicht nur den technologischen Machbarkeitswahn, sondern auch den Zweck: Denn es ist nirgends belegt, dass die Polizeien der EU-Mitgliedstaaten wirklich mehr mit ‚nicht kooperativen‘ Autos oder Booten zu kämpfen hätten – außer bei Verfolgungsjagden an den technisch hochgerüsteten EU-Außengrenzen. Ich glaube daher, dass hier weitere Millionen in die Abwehr von unerwünschter Migration versenkt werden. Später könnte die Technik auch im Inland salonfähig werden.

Mit der Arbeitsgruppe ENLETS haben sich die EU-Polizeien ein neues Technologiezentrum für derartige Polizeiphantasien geschaffen. Die Bundesregierung bestätigt, dass ENLETS mit einer Studie betraut wurde, um eine einheitliche Lösung zum ferngesteuerten Manipulieren der Bordelektronik vorzuschlagen. Der Vorschlag soll dann der EU-Kommission vorgelegt werden. Ich glaube aber eher, dass die zuständige Ratsarbeitsgruppe ‚Strafverfolgung‘ hierzu tätig werden wird.

Das Bundesinnenministerium signalisiert in der Antwort, auch deutsche Polizeien hätten Interesse an derartigen Lösungen. Dazu müssten allgemeine gesetzliche Bestimmungen berücksichtigt werden. Jedoch wird der Datenschutz bei den Vorhaben klein geschrieben: Noch keine deutsche Behörde hat sich hiermit befasst. Ich halte die Technologie aber auch aus anderen Gründen für brisant: Personen mit Herzschrittmachern könnten dadurch getötet werden, ferngesteuerte Bremsungen könnten Unfälle verursachen.

Auch die zunehmend digitale Vernetzung von Fahrzeugtechnik führt zu neuen polizeilichen Begehrlichkeiten: Die Bundespolizei hat geprüft, wie serienmäßig in Fahrzeugen verbaute GPS-Empfänger und SIM-Module polizeilich genutzt werden könnten. Mit ähnlicher Zielsetzung ist das staatliche Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt an der Entwicklung eines einheitlichen GPS-Tracking auf europäischer Ebene beteiligt. Es soll polizeiliche Bespitzelungen EU-weit erleichtern. Die EU-Polizeiagentur Europol hat hierzu eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt.

Viele der neuen vernetzten Funktionen sind nicht deaktivierbar. Dies gilt auch für den bald EU-weit vorgeschriebenen ‚e-Call‘, der bei unvorhergesehenen Vorfällen oder Unfällen einen Notruf absetzt und die Position mitteilt. Wie bei der Freiheit der Telekommunikation greifen die Systeme aber tief in die Privatsphäre ein.

Deshalb braucht es Regelungen zum Datenschutz und zur Verhinderung des polizeilichen Zugriffs auf Fahrzeuge und ihre Bewegungsdaten. Möglich wäre etwa, ‚No-Spy‘-Regeln in das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr aufzunehmen. Unabhängige Bürgerrechts- und Datenschutzgruppen könnten ‚No-Spy‘-Zertifikate für Neuwagen oder einzelne Anwendungen vergeben. Hierfür ist es zwingend, dass die Fahrzeughersteller den Quellcode der Software zur Prüfung offenlegen.

Vorher ist aber eine öffentliche Auseinandersetzung über die polizeiliche Nutzung der Daten unerlässlich. Ich appelliere daher an die Bundesregierung, die bisherigen Maßnahmen zu stoppen und sich auch auf EU-Ebene für ein Ende der Polizeiphantasien aus Entenhausen einzusetzen.“

Download der Antwort „Polizeiliche Aktivitäten zur Überwachung und Manipulation vernetzter Fahrzeuge“: http://www.andrej-hunko.de/start/download/doc_download/435-polizeiliche-aktivitaeten-zur-ueberwachung-und-manipulation-vernetzter-fahrzeuge

 

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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