bope-logoWelche weiteren Details kann die Bundesregierung zu Inhalt, Dauer, Kostenübernahmen und Teilnehmern des unter Federführung des Bundeskriminalamts organisierten Expertenaustauschs beim Spezialeinsatzkommando Hannover zur Fortbildung der Spezialkräfte der brasilianischen Militärpolizei Batalhão de Operações Policiais Especiais, BOPE, und der Divisão de Operações Especiais, DOE, in Vorbereitung auf die Fußball-WM in Brasilien mitteilen, und inwiefern wurde Erkenntnissen der Bundesregierung über die in der städtischen Kriegsführung spezialisierten BOPE bezüglich etwaiger unverhältnismäßiger Gewalteinsätze, einer rigorosen und aggressiven Grundhaltung und von der brasilianischen Zivilgesellschaft und internationalen Menschenrechtsorganisatoren geäußerten Kritik an der Einheit, die sich im Siegerfilm der Berlinale 2008 "Tropa de Elite" widerspiegeln, bei der Fortbildung Rechnung getragen?

http://youtu.be/NjWHHzVT74c

Herr Staatssekretär.

Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern:

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Hunko, grundsätzliches Ziel aller Maßnahmen der polizeilichen Aufbauhilfe ist natürlich auch die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Sie verfolgt das Ziel, bestehende Reformprozesse in den jeweiligen Empfängerstaaten voranzubringen.

Die Bundesregierung orientiert sich hierbei nicht an fiktiven Filmen wie dem von Ihnen erwähnten Film Tropa de Elite, der auch bereits einige Jahre alt ist, sondern an den eigenen Grundsätzen für polizeiliche Aufbauhilfe. Zudem darf ich erwähnen, dass die in diesem Film offenbar thematisierten Sondereinheiten in Rio de Janeiro unter ganz anderen – auch dramatischen – Bedingungen und einer ganz anderen Sicherheitslage arbeiten müssen als die von der Maßnahme, um die es hier geht, begünstigten Einheiten aus der brasilianischen Hauptstadt Brasilia. Schon aus diesem Grund ist ein Vergleich mit einem solch fiktiven Film aus meiner Sicht unsinnig.

Im konkreten Fall wurde am 30. Januar 2013 über den Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamtes ein bereits mehrfach vorgetragenes Ersuchen des Innenministers des brasilianischen Bundesstaates Distrito Federal rund um die Hauptstadt Brasilia zur Fortbildung von Spezialkräften der BOPE und der DOE in Vorbereitung auf die anstehenden Großereignisse – Fußballweltmeisterschaft 2014 und Olympische Spiele 2016 – in Brasilien übermittelt. Das Ersuchen wurde sowohl durch das Bundesministerium des Innern als auch durch das Auswärtige Amt geprüft und die Umsetzung vor dem Hintergrund der Stärkung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit befürwortet.

Aufgrund des positiven Votums wurde das Ersuchen schließlich über die Bund-Länder-Koordinierungsstelle für polizeiliche Aufbauhilfe an das Landeskriminalamt Niedersachsen in Hannover, Bereich Spezialeinsatzkommando – SEK –, vermittelt. Das entsprechende Einsatzkommando SEK Niedersachsen führte daraufhin vom 28. Oktober bis zum 15. November 2013 in Deutschland einen Fortbildungslehrgang durch, welcher vom Bundeskriminalamt mit 8 650 Euro finanziell unterstützt wurde. Insgesamt nahmen zehn brasilianische Vollzugsbeamte an der Veranstaltung teil.

Während der dreiwöchigen Ausbildungsmaßnahme wurden das Sicherheitskonzept Fußball am Beispiel eines Bundesligaspiels, verschiedene Taktiken unter anderem bei Bus- und Flugzeuginterventionen im Falle von Geiselnahmen und das Personenschutzkonzept vermittelt sowie Schießübungen durchgeführt und Selbstverteidigungstechniken eingeübt.

Die jeweiligen Inhalte wurden stets nach rechtsstaatlichen Grundsätzen vermittelt. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit bei solchen Maßnahmen und Strategien zur Deeskalation waren und sind zentrale Inhalte derartiger Lehrgänge.

Vizepräsident Peter Hintze:

Zusatzfrage, Herr Kollege Hunko?

Andrej Hunko (DIE LINKE):

Ja, vielen Dank. – Ich will noch einmal erläutern, worum es geht. Durch deutsche Polizeien wird eine, so kann man sagen, höchst umstrittene brasilianische Militärpolizei aus- und fortgebildet, die nicht nur in dem Film, sondern auch von internationalen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International wegen ihrer Brutalität kritisiert wird. Das Logo dieser brasilianischen Polizei zeigt einen Totenkopf mit zwei Revolvern und einem Schwert.

Dies alles findet vor dem Hintergrund der bald beginnenden WM statt. In Brasilien gibt es aus meiner und auch aus unserer Sicht zu Recht Proteste, weil die Bevölkerung aus ihren Wohnvierteln vertrieben wird und im sozialen Bereich ein eklatanter Mangel herrscht, während gleichzeitig teure Stadien gebaut werden. Halten Sie es vor diesem Hintergrund für sinnvoll, eine solche Militärpolizei in Deutschland fortzubilden?

Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern:

Ich erkenne durchaus an, dass es im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien Fragestellungen gibt. Sie haben auf die sozialen Missstände hingewiesen; es gibt auch andere Bereiche. Aber das heißt natürlich nicht, dass wir an der Sicherheit der Fußballer und auch der Fans aus Deutschland, die nach Brasilien reisen, kein Interesse haben. Im Übrigen gilt das auch für nichtdeutsche Teilnehmer und Fans in Brasilien. Wir wollen natürlich, dass diese Fußballweltmeisterschaft – die Entscheidung für Brasilien ist so getroffen worden – sicher ablaufen wird.

Teil des Sicherheitskonzepts sind offensichtlich auch Militärpolizeieinheiten, die – noch einmal – in den verschiedenen Teilen Brasiliens sehr unterschiedlich operieren. Die Sicherheitslage in Rio de Janeiro, die Sie in Ihrer Frage als Anknüpfungspunkt genommen haben, ist offenbar eine ganz andere als die in Brasilia, der Hauptstadt, die durch Gewalttaten nicht in dem Maße aufgefallen ist, wie wir das zum Teil von anderen Teilen Brasiliens hören mussten oder wie es von den Medien kolportiert worden ist. Insofern ist die Zusammenarbeit mit diesen Einheiten absolut gerechtfertigt, umso mehr, als es gerade auch darum geht, rechtsstaatliche Prinzipien und Deeskalationsprinzipien in die Ausbildung einfließen zu lassen. Insofern glaube ich, dass wir einen Beitrag zu einem Mehr an Sicherheit bei dieser Fußballweltmeisterschaft, aber auch zu einem Mehr an Rechtsstaatlichkeit bei den Sicherheitskräften geleistet haben.

Vizepräsident Peter Hintze:

Noch eine Frage? – Bitte.

Andrej Hunko (DIE LINKE):

Es ist sehr häufig so, dass, wenn es um umstrittene Sicherheitskooperationen geht, argumentiert wird: Wir kümmern uns darum, dass rechtsstaatlich und deeskalativ vorgegangen wird und dass die Menschenrechte beachtet werden. – Können Sie konkretisieren, in welcher Form das in die Fortbildung eingeflossen ist?

Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern:

Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Teil des Sicherheitskonzeptes bzw. des Lehrgangskonzeptes sind Deeskalationsstrategien, beispielsweise der in Deutschland juristisch entwickelte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei staatlichen und polizeilichen Maßnahmen. Das ist ein zentraler Teil der Lehrgangsinhalte, nicht nur im Fall Brasiliens, sondern auch bei anderen Kooperationen mit Ländern. Man mag bestimmte Kritikpunkte formulieren; aber ich bin mir sehr sicher, dass das, was wir in Deutschland an Ausbildung vermitteln konnten, zu mehr Rechtsstaatlichkeit geführt hat und im Ergebnis nicht nur der Sicherheit, sondern auch dem Vorgehen, im positiven Sinne auch dem bürgerrechtlichen Vorgehen der Kräfte zugutegekommen ist.

Plenarprotokoll 18/38