Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Hat sich die Bundesregierung nicht nur konsularisch, sondern in besonderer Weise um die Freilassung des aufgrund eines Interpol-Fahndungsersuchens in Slowenien verhafteten und in Auslieferungshaft befindlichen deutschen Staatsangehörigen I. K. bemüht (vergleiche „Duisburger in Haft: Wie die Türkei Interpol missbraucht“, www.waz.de vom 16. August 2019; etwa indem das Auswärtige Amt oder das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz deutlich machten, dass eine Ungleichbehandlung und ein Diskriminierungsverbot nach Artikel 18 AEUV vorliegen, wenn I. K. als Asylbewerber nicht an die ihn verfolgende Türkei ausgeliefert werden konnte, er aus Sicht der slowenischen Justiz nach seiner Einbürgerung in Deutschland diesen Schutz aber verlieren soll), und wie hat sie gegenüber der slowenischen Regierung ausgedrückt, dass nach meiner Auffassung das aus der Türkei kommende Ersuchen zur Festnahme und Auslieferung politisch motiviert ist und damit nicht nur den Statuten von Interpol widerspräche (vergleiche Bundestagsdrucksache 19/4365), sondern auch dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen des Europarates von 1957, wonach das Ersuchen aus der Türkei zwingend abzulehnen ist, wenn die strafbare Handlung, deretwegen es begehrt wird, als eine politische Tat anzusehen ist (Artikel 3 Absatz 1 EuAlÜbk) oder die Verfolgung auf politischen Anschauungen der Betroffenen beruht (Artikel 3 Absatz 2 EuAlÜbk)?

Antwort der Staatsministerin Michelle Müntefering auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE):

Der Bundesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, dass der internationale Fahndungsverkehr nicht zur Verfolgung aus politischen Gründen instrumentalisiert wird. Das hat die Bundesregierung auch mehrfach betont; ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Antwort der Bundesregierung zu Fragen 9 und 5 b der Kleinen Anfrage Ihrer Fraktion auf Bundestagsdrucksache 19/4365.

Die Rechtsgrundlagen von Interpol legen für das Interpol- Generalsekretariat und die Nationalen Zentralbüros eine Vielzahl von Pflichten bei der Nutzung der Datenbanken und Fahndungsinstrumente von Interpol fest, um deren Missbrauch auszuschließen. Auch hierzu hat die Bundesregierung bereits in den Antworten auf verschiedene Kleine Anfragen Stellung bezogen.

In dem in der Frage genannten slowenischen Auslieferungsverfahren ist die Bundesregierung nicht als Verfahrenspartei beteiligt. Sie kann daher keine rechtlichen Gesichtspunkte in das Gerichtsverfahren einbringen. Das gilt auch für den von Ihnen genannten Artikel 18 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 3 Absatz 1 des Europäischen Auslieferungsabkommens des Europarats von 1957.

Der betroffene deutsche Staatsangehörige wird durch einen slowenischen und einen deutschen Rechtsanwalt rechtlich vertreten. Die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des betroffenen deutschen Staatsangehörigen ist allein seinen Rechtsanwälten vorbehalten.

Die Bundesregierung ist keine Partei im laufenden türkisch- slowenischen Auslieferungsverfahren. Daher kann die Bundesregierung keine Stellungnahme zu den von den Rechtsanwälten vorgebrachten rechtlichen Argumenten geben. Ein Telefonat des Auswärtigen Amts mit dem deutschen Rechtsanwalt hat am 20. September stattgefunden.

Das Auswärtige Amt betreut den Betroffenen konsularisch und steht mit der Ehefrau, den Verteidigern und dem zuständigen Gericht in regelmäßigem Kontakt. Darüber hinaus hat die deutsche Botschaft in Laibach – wie in vergleichbaren Fällen – die vorhandenen Informationen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge aus dem ehemaligen Asylverfahren des Betroffenen an das slowenische Gericht zur Berücksichtigung weitergeleitet. Zudem hat die Botschaft gegenüber dem slowenischen Außenministerium die politische Bedeutung des Falls betont.

Auf Antrag des Bundeskriminalamts wurde das Fahndungsersuchen aus der Datenbank von Interpol wegen Verstoß gegen Interpol-Regularien gelöscht. Die Löschung hat im gerichtlichen Auslieferungsverfahren eine Indizwirkung.

Plenarprotokoll 19/114

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko