Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Rede von Andrej Hunko im Bundestag am 21.11.2017

Nicht erst Wirtschaftsnobelpreisträger Stiglitz kritisierte die Eurozone als eine Fehlkonstruktion. Die Fraktion Die Linke beanstandete bereits vor der Euro-Einführung, dass eine Gemeinsame Währung ohne vorherige Angleichung der Lebensverhältnisse, der Steuer- und Wirtschaftspolitik zu massiven Ungleichgewichten in Europa führen wird. Dies hat sich inzwischen bestätigt. Dass die AfD nun ausgerechnet das Anleihenkaufprogramm der EZB-Politik angreift, zeigt, dass sie von der wirtschaftlichen Realität keine Ahnung hat: Es hat zumindest ein Stück weit die Leiden derjenigen EU-Länder gelindert, die von der deutschen Wirtschaft niederkonkurriert wurden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

"Die Eurozone war von Beginn an eine Fehlkonstruktion."

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

"Schuld ... an ihren zahlreichen Krisen ist die Struktur der Eurozone, das heißt ihr rechtlicher und institutioneller Ordnungsrahmen."

Das sagte vor kurzer Zeit der US-amerikanische Nobelpreisträger Joseph Stiglitz.

Es wäre sinnvoll, über die Defizite, über die Fehlkonstruktion der Euro-Zone zu reden,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

hier Reformen anzustoßen. Ich habe nach der Rede von Ihnen, Frau Weidel, den Eindruck, dass Ihre Partei fanatisch hinsichtlich dieses rechtlichen Rahmens ist. In Ihrer Rede war überhaupt kein wirtschaftspolitisches Argument. Auch in Ihrem Antrag steht dazu gar nichts. Ich finde, darüber müssten wir reden.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Christian Petry [SPD])

Wir haben immer wieder gesagt, dass wir den Euro für eine Fehlkonstruktion halten. Auch bei seiner Einführung haben wir – damals war es noch die PDS – gesagt: Eine gemeinsame Währung kann am Ende eines europäischen Integrationsprozesses stehen, aber nicht am Anfang. – Teil dieser Fehlkonstruktion ist aus unserer Sicht die Mandatierung der EZB. Die EZB ist die einzige Notenbank, die überhaupt kein soziales Kriterium, etwa die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit, als Bestandteil ihres Mandats hat. Wir halten das für falsch. Ich glaube, darüber müsste man diskutieren. Auch das, worauf ich anspiele, kommt in Ihrem Antrag natürlich überhaupt nicht vor.

Was Sie kritisieren, sind das Anleihenkaufprogramm und die Niedrigzinspolitik. Beides war in der Tat auf dem Höhepunkt der Krise, als die Zinsen für die spanischen und italienischen Anleihen gestiegen sind, ein Programm zur Linderung im Rahmen einer aus unserer Sicht falschen Krisenpolitik. Aber Sie kritisieren genau diese Linderung. Das halten wir für falsch. Die Nullzinspolitik hat leider den Begleiteffekt, dass die Finanzmärkte aufgebläht werden, dass auch künftig Krisen erzeugt werden und dass die Sparer sozusagen enteignet werden, da sie kaum noch Zinserträge bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der AfD)

– Ja, da klatschen Sie von der AfD, obwohl es nicht Gegenstand Ihrer Kritik ist.

Das Hauptproblem der sogenannten Euro-Rettung – in diesem Fall ist „sogenannten“ in der Tat richtig – sind die Auflagen, die den Ländern Griechenland und Portugal gemacht worden sind. Griechenland kommt im Augenblick, auch aufgrund dieser Auflagen, nur sehr schwer aus der Krise heraus. Ich will daran erinnern – wir haben vorhin über Irland gesprochen –, dass Portugal auf einem sehr guten Weg ist. Portugal hat sehr frühzeitig unter einer einigermaßen linken Regierung gegen den Willen der Troika eine Abkehr von der Austeritätspolitik vorgenommen. Portugal hat die besten Zahlen, nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale, und liegt mittlerweile bei der Arbeitslosigkeit unter dem Durchschnitt der Euro-Zone – übrigens unter einer Minderheitsregierung. Das ist der richtige Weg, um da herauszukommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Riesenproblem, was in Ihrem Antrag natürlich auch nicht angesprochen wird, sind die massiven Leistungsbilanzunterschiede im Euro-Raum.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Durch den Euro!)

Hier könnten wir etwas tun. Das ist eigentlich eine gute Nachricht. Es wäre sinnvoll, wenn in Deutschland endlich mehr investiert wird, ein sozialökologisches Investitionsprogramm aufgelegt wird, damit die Binnenwirtschaft gestärkt wird. Notwendig ist es überall: in den Schulen, in der Infrastruktur, in der Pflege, in der Gesundheit. Das würde auch die anderen Euro-Länder entlasten.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ebenso bräuchten wir auch hier eine Erhöhung der Löhne und die Beendigung des Niedriglohnsektors. All das steht in Ihrem Antrag leider nicht. Deshalb werden wir Ihren Antrag auch ablehnen. Aber ich habe, glaube ich, dargestellt, in welche Richtung aus unserer Sicht hier der Weg gehen müsste.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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