„Ich will leben“ ist ein staatliches Projekt der ukrainischen „Koordinierungsstelle zur Behandlung von Kriegsgefangenen“ in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium und der „Hauptdirektion der ukrainischen Nachrichtendienste“. Erklärtes Ziel ist es, russische und belarussische Soldaten zur Fahnenflucht zu bewegen. Als besonderer Anreiz wird versprochen, dass diejenigen, die desertieren, in Deutschland Asyl beantragen können. Diese Information wurde auch von US-Propagandaportalen wie Radio Free Europe/Radio Liberty verbreitet. Doch eine Anfrage, ob dies tatsächlich zutrifft, hat die Bundesregierung jetzt ausdrücklich verneint. Von Florian Warweg.
Geladen hatte hier das Bündnis „Diplomatie – statt Waffen und Sanktionen“. Dieses plädiert für Meinungsfreiheit und pro Auftritt Dr. Daniele Ganser.
„Diese dramatische Erosion demokratischer Grundrechte in Deutschland ist zutiefst Besorgnis erregend“, so Hunko in seiner Pressemitteilung. Die Absage der Veranstaltung ist für ihn nicht diskutabel. Seiner Pressemitteilung fügte er ein Zitat aus der Neuen Züricher Zeitung vom letzten Wochenende mit Blick auf Deutschland an, das gut zu den aktuellen Geschehnissen – auch in Aachen – passt: Der Reifegrad einer Demokratie zeige sich am Umgang mit kritischen Stimmen. Die Absage von Veranstaltungen kritischer Stimmen auf Grundlage von Gerüchten, Stimmungsmache oder einer vermeintlichen Kontaktschuld sei ein Kennzeichen autoritärer Systeme.
Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) hat bis heute nicht auf die Vorwürfe reagiert und begründet ihre Untätigkeit damit, dass sie nur auf Antrag eines Staates aktiv werden könne. Die deutsche Bundesregierung hingegen sieht sich nicht in der Verantwortung und sagt, dass die OPCW zuständig ist. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Frage des Linksabgeordneten Andrej Hunko hervor. Hunko hatte am 19. Oktober gefragt, welche Kenntnisse die Bundesregierung über den Einsatz von Chemiewaffen durch die Türkei im Nordirak hat und welche weiteren Erkenntnisse darüber vorliegen, ob die Türkei die Chemiewaffenkonvention vollumfänglich einhält.
Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko
Andrej Hunko, MdB DIE LINKE (Bild thk)
Zeitgeschehen im Fokus Die Sprengung der Pipeline soll für die Täter, so sie denn ausfindig gemacht werden können, schwere Konsequenzen haben. Frau von der Leyen sprach davon, die Täter hart zu bestrafen. Wie diskutiert man in Deutschland über diese Anschläge und wer waren denn die Täter, die Frau von der Leyen zu Recht hart bestrafen will?
Bundestagsabgeordneter Andrej Hunko Zunächst muss man festhalten: Es ist ein Terroranschlag auf die Energieinfrastruktur der EU und im Besonderen derjenigen Deutschlands sowie eine ökologische Katastrophe. Was ich im deutschen Diskurs mehr als befremdlich finde, ist die schnelle Festlegung darauf, dass Russland bzw. Putin hinter dem Anschlag stecken soll. Ich halte das für unwahrscheinlich.
Warum halten Sie das für unwahrscheinlich?
Wir wissen es natürlich nicht. Aber in der Kriminalistik hat man drei zentrale Fragen: Wer hat ein Motiv? Wer hat die Fähigkeit, das zu tun? Und wer hat die Gelegenheit dazu? Wenn man das einmal vom Motiv her betrachtet, gibt es drei Staaten, die ein vitales Interesse immer wieder angekündigt haben, Nord-Stream 2 zu verhindern. Das sind die USA, das sind Polen und die Ukraine. Biden hat ganz deutlich Anfang des Jahres gesagt, dass er Nord-Stream 2 beenden wird, egal wie. Der polnische Präsident Andrzej Duda hat im August den Abriss der Pipelines gefordert. Polen und die Ukraine haben jetzt das Monopol auf die Gasdurchleitung aus Russland Richtung Zentraleuropa und Deutschland.
Am Himmelfahrtstag wird in Aachen alljährlich der Karlspreis verliehen. Die offizielle Sprachregelung für diesen Preis lautet: … „wird Persönlichkeiten verliehen, die sich um Europa und die europäische Einigung verdient gemacht haben …“.
Als Alternative dazu gab es diesmal eine Solidaritätsveranstaltung für die Freilassung von Julian Assange – auch um die Verlogenheit des „Karlspreises“ [1] zu zeigen.
„Free Assange“ statt „Selbstbeweihräucherung“ beim Karlspreis!
Dieser Tag der „Karlspreis-Verleihung“ ist tatsächlich auch immer DAS Ereignis, an dem sich „Europa“ (und Aachens ‚Hautevolee‘) selber als ‚Gutmenschen‘ zu präsentieren versuchen.
Die Preisträgerinnen 2022 sind drei Frauen aus Belarus:
Maria Kalesnikava, Swetlana Tichanowskaja und Veronica Tsepkalo. Alle drei sind mutige, ehrenwerte und politische Kämpferinnen gegen ihren repressiven Heimatstaat [2]. Völlig unabhängig von einer genauen Analyse ihrer (geopolitischen) Funktion, wären diese Frauen jedenfalls sicher kein Anlass zu Protest seitens der #Free Assange-Bewegung gewesen. Ganz anders ist aber deren Auszeichnung seitens des Karlspreisdirektoriums zu bewerten: nämlich als politische Kritik an einem ‚BÖSEN FREMDEN Staat‘. Dass dabei der schwärende Skandal im eigenen, europäischen Auge (London) einfach übersehen wird, ist sicher ‚purer Zufall‘.
Der Journalist Ulrich Heyden räumt in seinem neuen Buch mit Mythen über den Konflikt in der Ostukraine auf, der mit zum Krieg geführt hat.
Es muss erstaunen, wie wenig Interesse und Empathie den Opfern dieses Bürgerkriegs in Deutschland in all den Jahren entgegengebracht wurde – im Unterschied zu den unzähligen Initiativen, die gegenwärtig ukrainischen Kriegsopfern Hilfe anbieten. [...] Beschämend ist, dass die Linkspartei bis auf wenige Ausnahmen zu dem Bürgerkrieg schwieg. Zu diesen Ausnahmen zählen Andrej Hunko und Diether Dehm, die jeweils Vorworte zu dem Buch von Heyden schrieben.
Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko
Zeitgeschehen im Fokus Die Energiefrage ist besonders in Deutschland Thema. Was für ein Szenario ist dort zu erwarten?
Bundestagsabgeordneter Andrej Hunko Die Bundesregierung hat zusammen mit der EU umfangreiche Wirtschaftssanktionen gegen Russland eingeleitet. Die fertig gebaute Gas-Pipeline Nord-Stream 2 wurde gestoppt, und man liess verlautbaren, auch kein Öl sowie kein Gas mehr aus Russland importieren zu wollen. Seitdem explodieren die Öl- und Gaspreise. Russland verkauft jetzt mehr Öl nach Indien oder China und profitiert von den hohen Preisen. In Indien werden aus dem Öl Benzin und Diesel raffiniert und nach Europa verkauft. Die bisherige Bilanz von diesen Wirtschaftssanktionen, manche sprechen von Wirtschaftskrieg, ist also vernichtend.
War das Ziel der Sanktionen nicht, Putin zum Einlenken zu bewegen bzw. Russland so unter Druck zu setzen, dass der Krieg beendet wird?
Ja, die Sanktionen sollten zu einem Ende des Krieges führen. Es zeigt sich schon seit längerem, dass dieses Ziel nicht erreicht wurde. Der Krieg geht weiter. Dass die Sanktionen Russland ruinieren würden, wie Annalena Baerbock grossspurig verkündet hat, ist illusorisch, aber, dass sie Deutschland ruinieren werden, immer realistischer.
Der Wahlsieg des Linken Gustavo Petro in dem südamerikanischen Land stellt die Bundesregierung vor neue Herausforderungen. Energieimporte auf der Kippe. [...] Die Wahl des Linken Gustavo Petro in Kolumbien am Sonntag wird Auswirkungen über die Grenzen des südamerikanischen Landes hinaus haben. Auch die Bundesregierung muss sich auf Diskussionen mit der neuen Führung in Bogotá einstellen. Eine zügellose Ausbeutung der kolumbianischen Steinkohle, wie sie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Empörung seiner bündnisgrünen Koalitionspartner unlängst angekündigt hat, ist wohl nicht mehr möglich. [...]
[D]erWahlsieger in seiner Redean: "Ich sage frei heraus: Wir werden den Kapitalismus entwickeln. Nicht weil wir ihn lieben, sondern weil wir erstmal die vormodernen Strukturen überwinden müssen, den Feudalismus, die neue Sklaverei."
Seine Regierung werde sich drei Hauptthemen widmen: dem Frieden, soziale Gerechtigkeit und Umweltgerechtigkeit. Er wolle zudem regionale Dialoge mit dem Ziel fördern, "die Reformen umzusetzen, die Kolumbien braucht, um in Frieden zusammenleben zu können". [...]
Nach Ansicht des Linken-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko markiert der Sieg des Duos Petro-Márquez "eine zivile Zeitenwende für Kolumbien und die Region". Trotz verschiedener Zwischenfälle und Unregelmäßigkeiten seien die schnelle Anerkennung der Wahl positiv zu bewerten, so Hunko, der die erste Wahlrunde als Beobachter begleitet hatte: "Die hohe Präsenz internationaler Wahlbeobachter hat sicher dazu beigetragen", so Hunko weiter: "Die Aufgaben für die neue Präsidentschaft sind immens und sollten international unterstützt werden."
Vertreter der Bundesregierung haben bei einem Besuch der Ukraine jüngst davon abgesehen, gegenüber ihren Gesprächspartnern in Kiew eine schwarze Liste anzusprechen, auf der auch deutsche Wissenschaftler und Politiker geführt werden. Das geht aus einer Stellungnahme der Bundesregierung hervor, die Telepolis exklusiv vorliegt.
Besonders brisant: Die Aufstellung des "Zentrum für Desinformationsbekämpfung" (CCD) des Ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrates führt auch den Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Rolf Mützenich, mit personenbezogenen Daten und Foto auf. CCD-Chef Andrij Schapowalow sprach in diesem Zusammenhang von "Informationsterroristen".
Zwei SPD-Kabinettsmitglieder sahen dennoch keinen Anlass, die Liste und die Indizierung gegenüber den Verantwortlichen in Kiew zu thematisieren. [...]
Der Linken-Abgeordnete Hunko sieht dennoch ein Verfehlen bei der Bundesregierung. Als die Liste des CCD Ende vergangener Woche noch online war, sagte er auf Telepolis-Anfrage: ["]Seit mehreren Jahren fordere ich von der jeweiligen Bundesregierung, auf die Löschung von Mirotworez, einer anderen Datenbank der angeblichen "Ukraine-Feinde", hinzuwirken. Offensichtlich hat die ukrainische Führung aus der Untätigkeit Deutschlands gelernt, dass auch dieses Mal keine ernsthaften Konsequenzen für sie kommen. Die Bundesregierung darf hier nicht mehr tatenlos zuschauen, wie Andersdenkende, unter anderem auch deutsche Staatsangehörige, mittlerweile ganz offiziell durch ukrainische Regierungsstellen diffamiert werden.["] Die Liste des CCD müsse sofort gelöscht werden, so Hunko weiter. Der Anspruch der Ukraine auf eine EU-Mitgliedschaft sei mit solchen Auflistungen von Akteuren aus Wissenschaft, Publizistik und Politik nicht vereinbar.
»Der Krieg in der Ukraine wird von der Bundesregierung missbraucht, um eine Ära der Aufrüstung und Konfrontation einzuleiten, die weit über diesen Krieg hinausgehen soll«, meinte der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Linke) am Freitag zu jW. Dem gelte es die Notwendigkeit einer zivilen Zeitwende entgegenzusetzen. Diese Orientierung hatte zwar auch der Bundesparteitag der Linkspartei am vergangenen Wochenende ausgegeben, doch praktisch scheint daraus wenig zu folgen. Zwar finden sich eine Reihe von Linke-Gliederungen, darunter die Landesverbände Niedersachsen und Hamburg, unter dem Aufruf, doch aus der Bundestagsfraktion haben gerade einmal Hunko und Sevim Dagdelen unterzeichnet. »Von der Partei Die Linke hätte ich mir eine entschiedenere Unterstützung der Demonstration gewünscht«, meinte Hunko. Zumindest auf ihrer Website rief die Partei am Freitag zur Demo auf – verbunden mit einer Verurteilung von Putins Angriffskrieg und der Forderung nach Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine.