„Besteht nach Einschätzung der Bundesregierung im Zusammenhang mit Resolution 2664 (2022) des VN-Sicherheitsrates Anpassungsbedarf für Sanktionsregime der Europäischen Union (bitte ggf. einzelne Sanktionsregime benennen), da humanitäre Ausnahmeregelungen nach meiner Auffassung bisher entsprechend der Resolution nicht ausreichend sind, und wenn ja, wie setzt sich die Bundesregierung aktiv dafür ein?“
„Im Interesse der Menschheit und der Klima-Rettung soll die Zusammenarbeit mit Russland in der Arktis sofort wiederaufgenommen werden. Bei ihrer Sanktionspolitik gegenüber Russland hat die Bundesregierung in der Arktisforschung offensichtlich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“, erklärt Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, zur Antwort des Auswärtigen Amts auf seine Kleine Anfrage zur Arktis als Schnittstelle der Klima-, Außen- und Sicherheitspolitik in Zeiten des Ukrainekriegs.
Hunko weiter:
„Das Beispiel der Arktis demonstriert uns deutlich, wie undifferenziert eine Sanktionspolitik wirken kann. Im konkreten Fall wird wissenschaftliche Kooperation mit einem der größten Arktisstaaten Russland geopfert. Damit wäre Russland für den gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel zum,schwarzen Lochʻ. Der Wunsch der Bundesregierung, die russische Staatsführung durch Russlands Isolation zu bestrafen, unter anderem auch auf dem Gebiet der Forschung, scheint größer zu sein als der Wunsch, konsequent den Klimawandel zu bekämpfen.“
Der durch die Führung der Russischen Föderation gegen die Ukraine begonnene völkerrechtswidrige Krieg und, als Reaktion darauf, die schnellen massiven Sanktionen vieler Staaten hatten nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller direkte Folgen sowohl für die zivile Kooperation mit Russland im arktischen Raum als auch für die Gesamtsituation des Klimaschutzes und der Weltsicherheit.
Andrej Hunko und die Linksfraktion stellten der Bundesregierung deshalb eine Kleine Anfrage zum ThemaZivilgesellschaftlicher Austausch mit Russland in Zeiten von Krieg und diplomatischer Eiszeit". Die Antwort der Bundesregierung erfolgte am 03.11.2022
Rede von Andrej Hunko in der Bundestags-Debatte am 29. September 2022 über eine Harmonisierung der Sanktionsdurchsetzung in der EU
Die Einrichtung eines EU-Straftatbestandes für Sanktionsverstöße lehnen wir ebenso ab, wie Wirtschaftssanktionen, die die Bevölkerung treffen. Die Ampel verbindet in diesem Antrag Europarecht mit einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Themenfremde Gesetzesänderungen zusammen in einem Antrag abzustimmen ist bei der Ampel ebenso beliebt, wie intransparent.
Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko
Zeitgeschehen im Fokus Die Energiefrage ist besonders in Deutschland Thema. Was für ein Szenario ist dort zu erwarten?
Bundestagsabgeordneter Andrej Hunko Die Bundesregierung hat zusammen mit der EU umfangreiche Wirtschaftssanktionen gegen Russland eingeleitet. Die fertig gebaute Gas-Pipeline Nord-Stream 2 wurde gestoppt, und man liess verlautbaren, auch kein Öl sowie kein Gas mehr aus Russland importieren zu wollen. Seitdem explodieren die Öl- und Gaspreise. Russland verkauft jetzt mehr Öl nach Indien oder China und profitiert von den hohen Preisen. In Indien werden aus dem Öl Benzin und Diesel raffiniert und nach Europa verkauft. Die bisherige Bilanz von diesen Wirtschaftssanktionen, manche sprechen von Wirtschaftskrieg, ist also vernichtend.
War das Ziel der Sanktionen nicht, Putin zum Einlenken zu bewegen bzw. Russland so unter Druck zu setzen, dass der Krieg beendet wird?
Ja, die Sanktionen sollten zu einem Ende des Krieges führen. Es zeigt sich schon seit längerem, dass dieses Ziel nicht erreicht wurde. Der Krieg geht weiter. Dass die Sanktionen Russland ruinieren würden, wie Annalena Baerbock grossspurig verkündet hat, ist illusorisch, aber, dass sie Deutschland ruinieren werden, immer realistischer.
Welche konkreten Beispiele kann die Bundesregierung nennen, bei denen Individualsanktionen der EU eine „Verhaltensänderung der sanktionierten Personen“ bewirkt haben, wie es die Bundesregierung als Ziel dieser Sanktionen definiert (Plenarprotokoll 19/211, Antwort der Bundesregierung auf die mündliche Frage 75 der Abgeordneten Heike Hänsel), und welche Sanktionen dieser Art wurden bislang aufgrund des erreichten Ziels wieder aufgehoben?
Im Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das Jahr 2021 sind viele wichtige Ziele definiert wie die Bekämpfung der Klimakrise oder der Zugang zu sicheren Impfstoffen für alle. Doch durch ihre Überheblichkeit in den internationalen Beziehungen verbaut sich die EU das Erreichen dieser Ziele. Beispiele hierfür sind das Versagen bei der Impfstoffbeschaffung und die Sanktionspolitik wie kürzlich gegen Venezuela. Die EU müsste viel mehr auf Kooperation auf Augenhöhe setzen, statt auf Überheblichkeit. Dann ließen sich die guten Ziele im Programm der EU-Kommission sehr viel besser umsetzen.
„Die Fixierung auf immer neue Sanktionen treibt die diplomatischen Beziehungen der EU zur Russischen Föderation auf einen Tiefpunkt. Durch einen Abbruch der Beziehungen, der als Reaktion Russlands möglich ist, ist nichts gewonnen. Auch denjenigen Menschen, die in Russland völlig zurecht gegen Korruption, Polizeigewalt und Autoritarismus auf die Straße gehen, bringt eine diplomatische Eiszeit nichts“, erklärt Andrej Hunko, stellvertretender Vorsitzender und europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, zur politischen Grundsatzentscheidung der EU-Außenminister für neue Sanktionen gegen russische Funktionäre. Hunko weiter:
„Erstmals will die EU nun die sogenannten Magnitzki-Sanktionen einsetzen. So wichtig der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte ist, so wenig zielführend sind diese Sanktionen. Sie sind rechtsstaatlich zweifelhaft und kaum effektiv bei der Erreichung der proklamierten Ziele. Seit Jahren ist klar, dass die EU-Sanktionen viel Schaden anrichten, aber wenig Nutzen bringen. Viel wichtiger wäre es, multilaterale Institutionen wie den Europarat, die OSZE und die UNO zu stärken und deren etablierte Verfahren zur Konfliktbeilegung zu nutzen.
„Die UN-Sonderberichterstatterin bestätigt, was DIE LINKE seit Jahren kritisiert: Die in weiten Teilen völkerrechtswidrige Sanktionspolitik gegen Venezuela hat verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung und hat die humanitäre und wirtschaftliche Krise enorm verschärft“, erklärt Andrej Hunko, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag anlässlich der Präsentation eines vorläufigen Berichts der UN-Sonderberichterstatterin zu negativen Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen, Alena Douhan.
Amerika21-Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko zur Parlamentswahl, der Sanktionspolitik der USA, den Menschenrechten und der Rolle Deutschlands und der EU
Herr Hunko, am Sonntag wird in Venezuela ein neues Parlament gewählt. Kann die Wahl einen Beitrag zur Lösung der tiefen Krise des Landes leisten?
Darauf deutet gegenwärtig leider wenig hin. Wäre es im Vorfeld zu einer Einigung der Regierung auch mit weiteren Teilen der Opposition gekommen, wäre ich zuversichtlicher. Aber dies ist nicht geschehen. Die politische Krise wird sich also aller Voraussicht nach fortsetzen. Solange es keine politische Lösung gibt, wird sich wohl auch der wirtschaftliche Niedergang fortsetzen und die Lebensbedingungen verschlechtern.
Es ist zu begrüßen, dass es zumindest zwischen moderaten Teilen der Opposition und der Regierung zu einer Verständigung über die anstehenden Parlamentswahlen gekommen ist. Aber eine wirkliche Lösung der Krise wird es nur über Verhandlungen geben, die auch einige der politischen Kräfte einbezieht, die bislang die US-gestützte Regime-Change-Politik mitgetragen haben. Sie müssten – genauso wie die Regierung – zu Zugeständnissen bereit sein. Das ist derzeit nicht absehbar.
Die Covid-19-Pandemie hat viele Missstände verschärft und ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. So auch die teils verheerenden Auswirkungen der Sanktionspolitik. Denn bei der Frage, wie außenpolitisch auf Verletzungen der Menschenrechte, Brüche demokratischer und rechtsstaatlicher Standards oder des Völkerrechts reagiert werden soll, wird eine Antwort immer beliebter: Sanktionen.
Gerade in Zeiten des Gesundheitsnotstands potenzieren sich die negativen Effekte dieser Maßnahmen für die Menschen in den betroffenen Ländern. So rang sich im Frühjahr der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, zu einer klaren Botschaft durch: Unilaterale Sanktionen müssten insbesondere zu Corona-Pandemiezeiten ausgesetzt werden, weil sie Menschenleben kosten, forderte er. „Dies ist die Zeit der Solidarität und nicht der Ausgrenzung.“ Ähnlich äußerte sich Michelle Bachelet, Hohe Kommissarin der für Menschenrechte der UN. Sie nannte insbesondere Kuba, Venezuela, Nordkorea, Iran und Zimbabwe als die am meisten betroffenen Länder.
Seien es die Wahlmanipulation und die Repression gegen Protestierende in Belarus, die Vergiftung des russischen Oppositionspolitikers Alexei Nawalny oder Menschenrechtsverletzungen in Syrien: Insbesondere in der EU dauert es nie lange, bis der Ruf nach Sanktionen zu vernehmen ist.
Natürlich ist das Bedürfnis verständlich und richtig, aktiv zu werden, wenn Menschenrechte verletzt werden. Doch die Wirkung von Sanktionen steht häufig dem proklamierten Ziel entgegen. DIE LINKE setzt sich deshalb seit langem gegen die Sanktionspolitik ein, wie zuletzt im Juni in einem Beschluss des Parteivorstandes bekräftigt wurde.
In welcher Form hat die Bundesregierung gegenüber der Regierung der USA deren Pläne thematisiert, Ausnahmeregelungen von den gegen Venezuela verhängten Wirtschaftssanktionen aufzuheben, die bislang noch die Versorgung mit Diesel unter anderem durch europäische Konzerne ermöglichen („US prepares to cut off diesel to Venezuela“, argusmedia.com, 21.08.2020), und welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Befürchtung von Nichtregierungsorganisationen und Oppositionspolitikern in Venezuela, dass ein solcher Schritt gravierende Konsequenzen für die Zivilbevölkerung hätte, weil elementare Dienstleistungen wie Teile der Stromversorgung, der Transport von Waren und Lebensmitteln und der Personennahverkehr maßgeblich von diesen Diesel-Lieferungen abhängen („USA wollen Venezuela von der Dieselzufuhr abschneiden“, amerika21.de, 28.08.2020)?
Gibt es Überlegungen bei der Bundesregierung nach Artikel 96 der Charta der Vereinten Nationen über den Sicherheitsrat oder die Generalversammlung ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs zu den US-Sanktionen und Sanktionsdrohungen bezüglich Nord Stream 2 anzufordern, und welche alternativen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung den Sanktionen, auch vor dem Hintergrund der US-Drohungen gegen den Hafen in Sassnitz (handelsblatt.com), entgegenzutreten?
„Die Initiative der Bundesregierung, die Europäische Union wegen eines Cybervorfalls für Sanktionen gegen russische Staatsangehörige oder Organisationen zu gewinnen, ist äußerst problematisch. Es wäre die erste Anwendung des EU-Cybersanktionsregimes seit dessen Einrichtung vor drei Jahren. Das Auswärtige Amt würde damit in der deutschen Ratspräsidentschaft einen schwierigen Präzedenzfall schaffen“, kritisiert der europapolitische Sprecher und Vizevorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko.
Als „böswillige Cyberaktivität“ will die Bundesregierung im Rahmen der sogenannten „Cyber Diplomacy Toolbox“ eine gemeinsame Reaktion der EU-Mitgliedstaaten auf den „Bundestags-Hack“ von 2015 erreichen. Nach fünf Jahre dauernden Ermittlungen und einem Haftbefehl gegen einen Tatverdächtigen hat das Auswärtige Amt Listungsvorschläge in der Ratsarbeitsgruppe zu Cyberfragen vorgelegt. Um wie viele es sich handelt, bleibt unklar. Die Bundesregierung schreibt im Plural über „verantwortliche Akteure“.
Die neuen EU-Sanktionen gegen Venezuela mitten in der Corona-Krise sind ein völlig falsches Signal. Sie flankieren die kriminellen Wirtschaftssanktionen der USA. UNO-Generalsekretär Guterres hat Recht: Jetzt ist nicht die Zeit für Sanktionen, sondern für Solidarität! Die Bundesregierung muss die EU-Ratspräsidentschaft und den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat dafür nutzen, dass diese völkerrechtswidrige Politik beendet wird.
„Es ist fatal, dass die EU mitten in der Corona-Krise die Sanktionen gegen Venezuela verschärft. Die neue Sanktionsrunde ist völlig kontraproduktiv, die Ausweisung der EU-Botschafterin bedauerlich. Sanktionen und Ausweisung sollten zurückgenommen werden“, erklärt Andrej Hunko, stellvertretender Vorsitzender und europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. Hunko weiter:
„Die Politik der EU gegenüber Venezuela ist ein einziges Trauerspiel. Sie schwingt sich als Richterin und Strafinstanz auf, statt zu vermitteln. Dabei könnte sie in dieser Rolle sehr viel erreichen und helfen, die tragische Krise des Landes zu überwinden. Stattdessen flankieren die EU und die Bundesregierung weiter die kriminelle US-Politik, die versucht, durch eine umfassende Wirtschaftsblockade das Land ausbluten zu lassen und so die Regierung zu stürzen.
Wie hat sich die Bundesregierung im Kontext der Coronakrise für die Lockerung oder Aufhebung von US-Wirtschaftssanktionen eingesetzt, die betroffene Länder wie Venezuela, Kuba, Iran, Syrien oder Russland bei der Bekämpfung der Sars-CoV-2-Pandemie massiv behindern („Acht Länder fordern Ende von Sanktionen wegen Corona“, 26. März 2020, www.rnd.de), und schließt sie sich den Forderungen des UN-Generalsekretärs António Guterres nach einem weltweiten Waffenstillstand („Guterres: Aufruf zu einem Globalen Waffenstillstand“, 23. März 2020, unric.org) und der UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet nach der Aussetzung von Sanktionen an („UN: Sanktionen während der Corona-Krise aussetzen“, 24. März 2020, www.focus.de)?
Mit welchen konkreten Maßnahmen reagiert die Bundesregierung auf die völkerrechtswidrigen US-Sanktionen gegen Unternehmen, die am Bau von Nord Stream 2 beteiligt sind („Maas verurteilt geplante US-Sanktionen“, www.spiegel.de, 12. Dezember 2019), und teilt die Bundesregierung weiterhin ihre Einschätzung von 2017, dass diese Sanktionen „völkerrechtswidrig“ sind („USA offenbar kurz vor Sanktionserlass gegen deutsche Konzerne“, www.focus.de, 2. Juni 2018)?
"Das Mitglied der Linken-Parteifraktion im Deutschen Bundestag, Andrej Hunko, äußerte sich den neuen US-Sanktionen gegenüber ebenfalls kritisch. In einer Erklärung gegenüber RT bezeichnete er sie als 'inakzeptabel und völkerrechtswidrig, weil es um extraterritoriale Sanktionen geht'."
"Die Bundesregierung dagegen schätzt die Lage anders ein: Das politische Verhältnis werde »von Verstößen Russlands gegen völkerrechtliche Prinzipien« im Zuge des Ukraine-Konfliktes »überschattet«, lautet die Antwort auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Linkspartei), die »nd« vorliegt. Die Sanktionen, heißt es weiter, verfolgen das Ziel, »eine Verhaltensänderung der Russischen Föderation in ihrer Ukraine-Politik fortzuführen und zu einer Lösung des Konfliktes in der Ostukraine und auf der Krim beizutragen«. Da sich jedoch keine politische Lösung abzeichnet, setzt die Bundesregierung seit einiger Zeit auf die »Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen« - und dafür braucht sie weder die EU noch Frankreich. Macrons Initiative droht damit zu verpuffen."