Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

„Das Bundeskriminalamt hat Polizisten in Belarus Anwendungen zur automatisierten Strafverfolgung vorgeführt. Jedoch hat es in Deutschland noch keine öffentliche Debatte darüber gegeben, inwiefern derartige Werkzeuge zur Rasterfahndung überhaupt im Polizeialltag zur Normalität werden dürfen“, kritisiert der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko die Antwort der Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage.

Hunko hatte sich nach dem Inhalt des Workshops „Operative Analyse“ erkundigt, den das Bundeskriminalamt regelmäßig mit ausländischen Polizeiorganisation durchführt. In der vorliegenden Antwort wird dazu erklärt, es handele sich um „Grundlagen und Methoden der polizeilichen Informationsverarbeitung“. Die Schulungen wurden auch mit Aserbaidschan, Georgien, China und der Türkei organisiert. Die Auskunft der Bundesregierung kommt inmitten einer neuen Repressionswelle gegen belarussische Administratoren Sozialer Netzwerke.

Andrej Hunko weiter:

„Die Arbeit von Polizei und Geheimdiensten wird durch den Einsatz digitaler Hilfsmittel zunehmend automatisiert. Das BKA nutzt hierfür die Software ‘Analyst’s Notebook‘, deren Hersteller i2 inzwischen von IBM aufgekauft wurde. IBM erweitert damit seine Produktpalette der ‚vorhersagenden Analyse‘ (‚Predictive Policing‘), die sich vermehrt an Geheimdienste und Polizeien richtet. Derartige Anwendungen visualisieren Beziehungen.

Die Bundesregierung bestätigt, dass auch ‚Hypothesen‘ ausgegeben werden. Wenn aber Computer Zusammenhänge zwischen Personen, Sachen und Orten analysieren, bedeutet dies eine grundsätzliche Veränderung der Polizeiarbeit. Die zunehmende Verlagerung der Strafverfolgung ins Vorfeld bekommt digitale Schützenhilfe.

Meiner Meinung nach hält hier eine Rasterfahndung Einzug, deren Anwendung tief in das Persönlichkeitsrecht der Ausgeforschten eingreift. Die Bundesregierung muss sich deshalb auch zur sogenannten ‚Inhaltlichen Datenträgerauswertung‘ erklären, die vom BKA angeblich selbst entwickelt wurde.Auch die EU-Polizeiagentur Europol hat betreibt eine derartige ‚Analyse Sozialer Netzwerke‘ mit einer selbst programmierten Software.

Wenn eine Software Personendaten auf etwaige Risiken untersucht, muss deren Funktionsweise, mithin ihr Quellcode, bekannt sein. Dies gilt nicht nur für staatliche Trojaner und Programme zur Rasterfahndung in verschiedenen Datenquellen.

Auch Forschungen zur Mustererkennung von Videoüberwachung innerhalb der EU-Projekte INDECT und ADABTS sind bedenklich: Polizeibehörden und Betreiber von Einkaufszentren wollen damit ‚verdächtiges Verhalten‘ regelrecht vorhersehen.

Deutlich wird, wie im militärischen Bereich entwickelte Aufklärungswerkzeuge zunehmend auch von Innenministerien beschafft werden. Dieser quasi-militärischen Aufrüstung der Überwachung des öffentlichen Raumes erteile ich jedoch eine klare Absage.

Derartige Anwendungen werden in Minsk, Teheran oder Dresden gleichsam eingesetzt. Bei aller Unterschiedlichkeit der politischen Systeme: Stets wird auch unliebsamer Protest kriminalisiert. Dies gibt auch die Bundesregierung zu wenn sie erklärt, die in den Workshops zur ‚Operativen Analyse‘ vermittelten Kenntnisse könnten ‚in nahezu allen kriminalpolizeilichen Arbeitsbereichen‘ genutzt werden.

Die Ankündigung von Außenminister Guido Westerwelle nach einer strengeren Ausfuhrkontrolle für Überwachungstechnologie läuft ins Leere, wenn über betroffene Länder nach politischem Gutdünken entschieden wird. Die Bundesregierung lädt beispielsweise nächste Woche Innen- und Wirtschaftsministerien autoritär regierter Golfstaaten zur ‚ 1st German GCC Security Conference‘ nach Düsseldorf, um deutsche Exporte von Überwachungstechnologie in die betreffenden Länder zu fördern. Ich fordere die Bundesregierung auf, die Schulungen durch das BKA zur Rasterfahndung einzustellen. Stattdessen muss sie sich in internationalen Gremien für den Abbau der digitalen Ausforschung einsetzen“. 

Download der Antwort auf die Kleine Anfrage: http://www.andrej-hunko.de/start/download/doc_download/245-angehoerige-von-eu-polizeien-im-projekt-international-specialist-law-enforcement-isle

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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