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„Schon die geplante EU-Verordnung zur schnellen Herausgabe elektronischer Beweismittel („e-Evidence“) geht viel zu weit. Es ist nicht hinnehmbar, dass eine Behörde persönliche Daten von einem Provider in einem anderen EU-Mitgliedstaat anfordern darf, wenn eine Strafbarkeit nur im Anordnungsstaat vorliegt. Dass die EU-Kommission nun auch mit den USA hierüber verhandelt, ist eine grobe Missachtung des neuen EU-Parlaments, das sich noch nicht mit der geplanten EU-Verordnung befassen konnte“, erklärt der europapolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko.

Die Bundesregierung unterstützt die Verhandlungen der EU-Kommission mit den USA zum Austausch von e-Evidence „uneingeschränkt“. Die Kommission soll sich bei einem geplanten EU-US-Abkommen an die Ergebnisse des Trilogs zur e-Evidence-Verordnung binden. Das EU-Parlament spricht sich aber bislang gegen eine grenzüberschreitende Abfrage von Inhaltsdaten aus. Ohne dass die umstrittene Verordnung beschlossen ist, wird sie bereits technisch umgesetzt. Bundesbehörden haben sich an der Entwicklung eines „e-Evidence Digital Exchange Systems“ beteiligt. Das System soll laut dem Bundesinnenministerium nächstes Jahr in Betrieb gehen.

Andrej Hunko weiter:

„Bei derart sensiblen Daten muss eine rechtliche Prüfung im Vollstreckungsstaat selbstverständlich sein. Es braucht auch eine echte Widerspruchmöglichkeit. Die Staatsanwaltschaft in Polen könnte ansonsten Abtreibungsgegner/innen EU-weit digital ausspähen, Spanien würde das Mittel zur EU-weiten Verfolgung der katalanischen Opposition nutzen. 

Statt einer Verordnung könnte die Anforderung elektronischer Beweismittel auch als Richtlinie gefasst werden. Dann dürften die EU-Mitgliedstaaten Gesetze zur Umsetzung erlassen und sich auf Straftaten einigen, bei denen eine schnellere Kooperation gewünscht ist. 

Inzwischen hat die Regierung in Großbritannien ein bilaterales Abkommen zum Austausch elektronischer Beweismittel mit den USA geschlossen. Die US-Regierung nutzt den Vertrag als Blaupause für die Verhandlungen mit der EU. Das britisch-amerikanische Abkommen verletzt die Datenschutzgrundverordnung. Die Kommission muss deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Großbritannien einleiten. Das wäre auch das richtige Signal an die US-Regierung, die neben Verkehrsdaten sogar Inhaltsdaten bei europäischen Providern abfragen will. Dies wäre aber nicht einmal innerhalb der geplanten EU-Verordnung erlaubt.“

Download der Antwort auf die Kleine Anfrage „Verhandlungen der EU-Kommission zum Austausch elektronischer Beweismittel mit dem US-Justizministerium“: https://www.andrej-hunko.de/start/download/dokumente/1418-verhandlungen-der-eu-kommission-zum-austausch-elektronischer-beweismittel-mit-dem-us-justizministerium