Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Die spanische Linkspartei Izquierda Unida(IU) hat eine Erklärung zum Antrag der spanischen Regierung für den so genannten "Euro-Rettungsschirm" für spanische Banken abgegeben. Ich dokumentiere die Erklärung an dieser Stelle.

 

ERKLÄRUNG DES BUNDESVORSTANDS DER IZQUIERDA UNIDA (VEREINIGTE LINKE)
VOM 11. JUNI 2012
(einstimmig angenommen)

Die Izquierda Unida lehnt eine Rettung ab, bei der die Spekulationslöcher der spanischen Banken durch öffentliche Schulden gestopft werden sollen, für die alle Bürger aufkommen müssen.

Der Bundesvorstand der Izquierda Unida hat auf seiner außerordentlichen Sitzung am 11. Juni Folgendes beschlossen:

1. Das von der Eurogruppe aufgelegte Programm zur Rettung des spanischen Finanzsystems und seine Billigung durch die Regierung Spaniens werden abgelehnt. Bei dieser Rettung sollen die Spekulationslöcher der Banken durch öffentliche Schulden, für die alle Bürger aufkommen müssen (durch die Rückzahlung des Großteils der beantragten Kredite), und durch ein noch größeres Defizit (durch die Zahlung der entsprechenden Zinsen) gestopft werden. Damit wird die finanzielle Lage des spanischen Staates geschwächt und werden neue Ausgabenkürzungen erforderlich – mit all ihren Folgen für die Sozialleistungen –, um so die Defizitvorgaben einzuhalten. Die Mitteilung der Eurogruppe enthält entgegen den Verlautbarungen der Regierung sehr wohl neue Forderungen, indem die Empfehlungen zur Erreichung des Defizitziels nunmehr Verpflichtungen darstellen und eine genaue Überwachung der spanischen Wirtschaft eingeführt wird. Faktisch erleben wir bereits eine Intervention, und wir werden in unseren wirtschaftlichen und steuerlichen Entscheidungen bevormundet und einer rigorosen Kontrolle unterworfen.

2. Die von der Regierung bislang abgegebenen Erklärungen (sowohl von Minister De Guindos als auch von Ministerpräsident Mariano Rajoy) sind unzutreffend, pathetisch und widersprüchlich. Derartige Erklärungen stellen eine undemokratische Missachtung des Volkes und der politischen, gewerkschaftlichen und sozialen Kräfte dar. Sie tragen nicht ansatzweise zur Lösung der bestehenden Probleme bei, sondern schwächen vielmehr die Stellung und das internationale Ansehen Spaniens. Es ist Deutschland, das seine Bedingungen diktiert hat. Diese Regierung verteidigt nicht die nationale Souveränität und es ist eine Volksbefragung zu diesem Thema notwendig.

3. Für die gravierende Situation, die wir durchlaufen, ist ursächlich die Politik von PSOE und PP verantwortlich, die die Bauspekulation begünstigt haben und nach Eintreten der Krise begannen, enorme finanzielle Mittel zur Unterstützung der Bankiers bereitzustellen – stets unter dem Vorwand, auf diese Weise Kredite und Beschäftigung zu ermöglichen. Eine ebensolche Verantwortung liegt bei den Managern der Kreditinstitute, namentlich denen von zahlreichen Sparkassen. Es ist unbedingt erforderlich, dass der Untersuchungsausschuss, den unsere Fraktion bei der Aussprache am 12. Juni beantragen wird, seine Arbeit aufnimmt, damit die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können. Ergänzend zu diesem Ausschuss muss in der Gesellschaft eine echte Forderung nach der Wahrheit über die Finanzkrise gestellt werden.

4. Es ist nicht hinnehmbar, dass man zur Lösung der Probleme der Bankiers kein Problem damit hat, die Staatsverschuldung um fast 10 % des BIP zu erhöhen, während die Ausgaben im Bildungs-, Gesundheits- und Pflegebereich gesenkt und die Bezüge im öffentlichen Dienst gekürzt werden und den Autonomen Regionen wie auch den Gemeinden der Hahn zugedreht wird.

5. Izquierda Unida verlangt, dass der Ministerpräsident im Abgeordnetenhaus erscheint, um das Rettungsprogramm und seine Bedingungen im Einzelnen zu erläutern, insbesondere die Punkte im Zusammenhang mit den Summen, Zinssätzen, Zahlungsfristen und finanziellen oder etwaigen sonstigen Bedingungen. Wir halten es ferner für unabdingbar, dass die Rekapitalisierungsverfahren mit Zustimmung und unter Aufsicht des Abgeordnetenhauses erfolgen, das die Institutionen, die Hilfen erhalten können, genehmigen muss, nachdem eine entsprechende Prüfung ihrer Situation, der Modalitäten und Finanzierungsbedingungen der Hilfen, der Anforderungen möglicher Umstrukturierungspläne oder etwaiger sonstiger nennenswerter Maßnahmen stattgefunden hat.

6. Wir bezweifeln, dass dieses Rettungsprogramm zur Wiederbelebung des Kreditwesens führt, denn bislang konnten sich die Banken auf rentablere Art und Weise finanzieren: Staatsanleihen mit hoher Rendite und Verfügbarkeit von Liquidität zu niedrigen Zinsen. In der Praxis sind die im Rettungsprogramm vorgesehenen Verpflichtungen strenger, entweder in Form von Rückstellungen oder einer Kapitalisierung zu einem höheren Zins, womit das Argument, dass die Kreditvergabe erleichtert werde, nur schwer haltbar ist, wenn nicht politisch Druck ausgeübt wird und ein Kurswechsel stattfindet. Zum anderen wird das Rettungsprogramm, dessen Wirksamkeit gegenüber toxischen Wertpapieren unseres Erachtens fragwürdig ist, wohl kaum Einfluss auf die enorme Auslandsverschuldung des spanischen Finanzsystems haben. Daher sind deutlich mehr Erklärungen notwendig, als sie bislang von der Regierung des PP abgegeben wurden.

7. Izquierda Unida unterstreicht, dass angesichts der Krise des Finanzsystems eine solide Alternative besteht, nämlich der Aufbau einer öffentlichen Bank, die aus den verstaatlichten Geldinstituten hervorgeht und den Kreditbedarf von Unternehmen und Familien deckt. Auf europäischer Ebene bedarf es einer Demokratisierung und Umwandlung der EZB in einen letztinstanzlichen Kreditgeber, der zur Begebung öffentlicher Anleihen in der Lage ist, sowie der Schaffung eines Europäischen Schatzamts. In diesem Zusammenhang erwägt Izquierda Unida, einen Teil der spanischen Staatsschulden als illegitim einzustufen.

8. Izquierda Unida ruft alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich an den überall entstehenden Protesten zu beteiligen, um den Auflagen des Rettungspakets als Volk entgegenzutreten und eine demokratische und progressive Alternative aufzuzeigen. Bei diesen Protesten wollen wir mit der Bewegung des 15. Mai, den Gewerkschaften und den sozialen Organisationen zusammentreffen. Izquierda Unida nimmt sich darüber hinaus vor, in den kommenden Wochen eigene Protestinitiativen in die Wege zu leiten.

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko