Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Die Deutsche Welle verteidigt die Auszeichnung für Online-Aktivismus für den faschistischen Blog von Olena Bilozerska aus der Ukraine und versucht die Verantwortung auf ein unabhängiges ukrainisches Jurymitglied und das Ergebnis der Onlineabstimmung abzuschieben (1).

Trotzdem trägt die Deutsche Welle die Verantwortung dafür, dass dieser Blog sich jetzt neben einer Vielzahl verdienstvoller Blogs als normale politische Plattform tarnen und auch in der Ukraine als normal legitimieren kann. Denn entgegen der Wettbewerbsregeln (2) wurde mit diesem Blog ein Vorschlag zur Abstimmung gestellt, der rassistische und diskriminierende Aussagen propagiert.


Die Deutsche Welle schreibt verharmlosend, dass der Blog Ereignisse wie Straßenproteste veröffentlicht, die es nicht in die Mainstreammedien schaffen würden. Doch hinter diesen Ereignissen verbirgt sich beispielsweise ein Fackelzug der ukrainischen, neonazistischen Rechten. Bilzerska hält diesen Aufzug nicht nur für richtig und notwendig, sondern veröffentlichte auf Bitten auch vergrößerte Bilder der antifaschistischen Gegendemonstrant/innen. Sie bietet der Rechten Platz für entsprechende Aufrufe und Ankündigungen. Dazu passt Bilozerskas Beschimpfungen von Homosexuellen als "perverse Menschen".

Die Behauptung der Deutschen Welle, dass unterschiedlichste Positionen zu Wort kommen, ist trügerisch und verwischt bewusst die geäußerte Kritik (3): Es ging nicht darum, dass auch rechtspopulistische Positionen zu Wort kommen, sondern dass das Blog selbst eine neonazistische Plattform darstellt.

Dazu erklärt Andrej Hunko, Mitglied des Bundestages und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates:

"Ich fordere die Deutsche Welle gemeinsam mit den Unterzeichnern des offenen Briefes auf, von der Auszeichnung zurückzutreten.

Die Deutsche Welle muss ihren Fehler einsehen und von der Auszeichnung zurücktreten. Sie lässt sich vom rechten Online-Aktivismus vorführen, der fälschlicherweise beim Preis mitmachen durfte.

Jetzt freut sich die Betreiberin in ihrem Blog, dass sie so oder so von der Auszeichnung profitiert: Sei es durch die Auszeichnung oder durch den Skandal, falls die Deutsche Welle ihre Auszeichnung zurücknimmt, was allenfalls der Deutschen Welle schaden könne (4).

Auch das Argument, dass der Blog die politische Debatte fördere, da er unterdrückte Themen zur Sprache bringe, unterstützt die Argumentation der faschistischen Kräfte: Ihre Themen sind in den ukrainischen Medien leider mehr als präsent.

Eine unverbindliche Online-Abstimmung, bei der jede/r einmal täglich abstimmen kann, ist ein leicht zu missbrauchendes Instrument und darf nicht das Maß aller Dinge sein. Keinesfalls sollte es dazu führen, dass ein faschistischer Blog sich weiter gegenüber den Mainstreammedien profilieren kann, die seine Themen bereits ausführlich aufgreifen.

Leider ist dies kein Einzelfall: Ich beobachte mit großer Sorge wie insbesondere die Konservativen bereit sind antidemokratische und rassistische Parteien in Osteuropa als Partner zu akzeptieren, um eine die Mehrheiten in den Ländern aufzubauen.

Die Normalisierung rassistischer und neofaschistischer Bewegungen in Europa muss gestoppt werden. Erfreulich ist in dieser Hinsicht der Jury-Preis für den besten Deutschen Blog: Er ging an die publikative.org, die rechtsradikale und rechtsextreme Tendenzen in Deutschland und das Versagen von deutschen Institutionen dokumentiert.


(1) Erklärung der Deutschen Welle zur Kritik: https://thebobs.com/deutsch/2013/debatte-uber-user-preis-bei-the-bobs/

(2) Regeln des Wettbewerbs „The BOBS – Best of Online Activism“: https://thebobs.com/deutsch/uber-die-bobs/regeln/

(3) Offener Brief von ukrainischen Menschenrechts- und Kulturaktivist/innen: http://ukraine-nachrichten.de/rechtspopulistische-gewinnerin-wettbewerb-bobs-deutschen-welle-nicht-tragbar_3782_pressemitteilungen

(4) Auszug aus dem Blogbeitrag vom 11.05.2013: http://bilozerska.livejournal.com/723917.html

„Egal was weiter passiert, jetzt bleibe ich im Vorteil.

Wenn die Leitung der Deutschen Welle die Entscheidung trifft, die Ergebnisse des Wettbewerbs nicht aufzuheben – werden die Zuträger enttäuscht sein, sie haben umsonst für mich gearbeitet.
Falls sie diese Entscheidung kassieren, wird der Ruf der Veranstalter des Wettbewerbs darunter leiden, mein Ruf bleibt aber unbescholten. Denn die, die mich kennen und lesen, werden mich auch weiter kennen und lesen, es wird sogar mehr davon werden. Außerdem kommt es  noch zu einem lauten Skandal, darüber werden die Journalisten schreiben, ich muss aber dafür keinen einzigen Kopejken bezahlen. :)

In unserem Staat wissen alle normalen Leute, wen und wofür (das wichtigste aber wer) jemanden als Nazi beschimpft, deshalb bin ich wegen meines Rufs absolut gelassen. :)
Kurzum, wenn es mir nicht so widerlich wäre, mit Zuträgern und Ukrainophoben zu verkehren, würde ich denen – wenn die Geschichte vorbei ist – auch noch herzlich danken. :))
Also bitte, genießt eure Denunziation.“

(Arbeitsübersetzung über den Deutschen Bundestag)

 

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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