Vertreter der Partei DIE LINKE kritisieren scharf die Auszeichnung Jean-Claude Trichets, des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), mit dem Aachener Karlspreis. Trichet stehe für genau diejenige neoliberale Wirtschafts- und Finanzpolitik, die den Boden für die Wirtschaftskrise und die beispiellose Arbeitslosigkeit in vielen Mitgliedstaaten der Währungsunion bereitet habe, betont der linke Europaabgeordnete Jürgen Klute aus Nordrhein-Westfalen.

In gewisser Weise sei es konsequent, dass das Karlspreisdirektorium Herrn Trichet auszeichnen wolle, meint der Aachener Linke Andrej Hunko, Mitglied des Ausschusses für Europäische Angelegenheiten im deutschen Bundestag und bekannter Karlspreiskritiker. „Denn mit Angela Merkel wurde vor zwei Jahren schon eine Politikerin ausgezeichnet, die rigoros die neoliberale Orientierung Europas vorantreibt und eine Durchsetzung des Lissabon-Vertrages in der gesamten EU ohne Volksabstimmungen außer in Irland ermöglicht hat. Trichet fügt sich genau in diese Linie ein, der Karlspreis bleibt einer neoliberalen, militaristischen EU mit Großmachtambitionen verpflichtet“, so Hunko, der für seine Fraktion auch in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sitzt.

Jürgen Klute weist darauf hin, dass die EZB unter Trichet stets offen für Deregulierung und Liberalisierung der Arbeitsmärkte geworben hat. „Von der wachsenden Zahl der ‚working poor‘ ließen sie sich nicht beeindrucken.“ Auch die Verwerfungen der Wirtschaftskrise haben Trichet nicht beeindruckt, er stellte sich wiederholt öffentlich gegen die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen. „Die Wirtschaftspolitik der massiven Ausgabenkürzungen in Spanien, Griechenland, Portugal und Irland wird noch mehr Arbeitslosigkeit und soziales Elend befördern“, so der Abgeordnete. Den Griechen habe Trichets Zentralbank auf Jahre hin eine neoliberale Regierungspolitik bis ins Kleinste diktiert.

Es sei nicht länger hinzunehmen, dass die EZB nur der Preisstabilität verpflichtet sei und sich um Vollbeschäftigung nicht kümmere, so der Aachener LINKEN-Sprecher Darius Dunker, der 2006 die Euromayday-Parade in Aachen zum Protest gegen die Preisverleihung an Angela Merkel maßgeblich mitorganisiert hatte. Wer wie das Karlspreisdirektorium die angebliche Unabhängigkeit der EZB preise, lobe damit in Wahrheit die Abwesenheit einer demokratischen Kontrollstruktur. „Der Karlspreis kann sich sicher sein: Wir werden auch 2011 laut und deutlich gegen diese Verleihung und den Karlspreis selbst protestieren. Die Menschen in Europa haben die eiskalte Politik der Finanzinteressen satt.“

Nötig sei eine Umgestaltung der Fundamente der EU auf demokratischer, friedlicher, ökologischer und sozialer Grundlage, die die berechtigten Sorgen der Menschen in Europa wegen existenzbedrohenden Lohndumpings, Abbau der Sozialstandards und Bedrohung ihrer Arbeitsplätze durch die forcierte Standortkonkurrenz endlich ernst nehme, erklärten die Politiker der Partei DIE LINKE am Montag.