Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

„Der italienische ‚Verhaltenskodex‘ für Rettungsmissionen im Mittelmeer ist eine politische Kampfansage, juristisch ist er aber bedeutungslos. Denn immer noch gilt das unverbrüchliche Völkerrecht. In den meisten Fällen können Geflüchtete auf den Rettungsschiffen nicht medizinisch behandelt werden. Dann greift beispielsweise das Nothafenrecht“, kommentiert der europapolitische Sprecher der Linksfraktion anlässlich eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag zur Seenotrettung im Mittelmeer.

Italien drängt Rettungsmissionen im Mittelmeer zum Unterschreiben eines „Verhaltenskodex“. Geflüchtete dürften nicht mehr an größere Schiffe übergeben, sondern müssten in Häfen nach Italien gebracht werden. Dort sollen die HelferInnen Befragungen der Behörden erdulden. Schließlich zwingt der „Verhaltenskodex“ auch zur Einwilligung, die Polizei mitfahren zu lassen. 

Andrej Hunko weiter:

„Wenn der Vertrag nicht unterschrieben wird, entsteht auch keine rechtliche Bindung. Es gelten wie üblich das Völkerrecht, die SAR-Konvention und das UN-Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See. Ich befürchte, dass sowohl Italien als auch die Europäische Union trotzdem weiter an der Gängelung der Retter arbeiten. Soweit bekannt, haben die Europäische Kommission und die Grenzagentur Frontex den ‚Verhaltenskodex‘ anerkannt. Wir müssen deshalb mit allen Mitteln verhindern, dass die dort enthaltenen Forderungen in Ratsschlussfolgerungen münden.

Ich freue mich, dass die meisten Nichtregierungsorganisationen ihre Unterschrift verweigern. Allerdings ist es auch bedauerlich, dass der „Verhaltenskodex“ für eine Spaltung der Organisationen führt. Vielleicht war dies auch beabsichtigt. 

Die Spannungen auf dem Mittelmeer verschärfen sich, weil eine ultrarechte Studentengruppe mit einem eigenen Schiff die Rettungsmissionen behindern will. Die Gruppe droht, Geflüchtete an Bord zu nehmen und nach Libyen zu bringen. Dies würde gegen das Zurückweisungsverbot von Schutzsuchenden (Non-refoulment) verstoßen.“

Das WD-Gutachten „Der italienische Verhaltenskodex für private Seenotretter im Mittelmeer“: http://www.andrej-hunko.de/start/download/doc_download/1009-wd-gutachten-der-italienische-verhaltenskodex-fuer-private-seenotretter-im-mittelmeer

Der „Code of Conduct“: http://statewatch.org/news/2017/jul/italy-eu-sar-code-of-conduct.pdf 

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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