„Die EU-Militärmission EUNAVFOR MED im Mittelmeer ist eine Farce. Zur Schleuserbekämpfung zeigt sie keine Erfolge, auch den Öl- und Waffenschmuggel kann sie nicht kontrollieren. In Wirklichkeit dient die Präsenz europäischer Kriegsschiffe vor Libyen einer umfassenden Militarisierung der Grenzüberwachung. Geflüchtete haben kaum eine Lobby, deshalb werden sie zu den Versuchskaninchen“, kritisiert der europapolitische Sprecher der Linksfraktion Andrej Hunko.

Die EU-Kommission unterstützt Italien beim Aufbau einer maritimen Leitstelle in Tripolis. Gemeinsam mit Italien reicht die libysche Küstenwache einen neuen Antrag zur Einrichtung einer Such- und Rettungszone bei der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation ein. Beide Regierungen nehmen in Rom ein gemeinsames Lagezentrum in Betrieb, an dem auch Geheimdienste beteiligt sind. Libysche Behörden sollen außerdem über das nun betriebsbereite Kommunikationssystem „Seepferdchen Mittelmeer“ Aufklärungsdaten aus EU-Missionen erhalten.

Andrej Hunko weiter:

„Scheibchenweise erfahren wir die Dimension der Aufrüstung. In einer neuen 'Kriminalitätsinformationszelle' wird die Kooperation zwischen Polizei, Militär und Geheimdiensten befördert, Europol erhält hierzu Daten aus EUNAVFOR MED. Allerdings weicht das Mandat der Militärmission von dem Europols ab, die neue Zusammenarbeit ist also rechtswidrig. In Ländern wie Deutschland ist es auch nicht erlaubt, militärische Quellen für die Strafverfolgung zu nutzen. 

Als erstem Anwender stehen EUNAVFOR MED Informationen aus der Satellitenaufklärung über ein neues Webportal zur Verfügung. Damit sollen 'potentielle Verstecke' von Geflüchteten erkannt werden. Ein neues Abkommen von EUNAVFOR MED mit Libyen erlaubt die 'technische Überwachung aus der Distanz', möglich wäre dies per Satellit oder mit Überwachungsflügen. 

Die enge Kooperation mit der libyschen Küstenwache soll Geflüchtete noch vor der Überfahrt über das Mittelmeer abfangen. Alle Augen werden dabei zugedrückt, denn aus unserer Sicht umgeht diese Praxis das Zurückweisungsverbot (non-refoulment). 

Die libysche Küstenwache ist für ihre Brutalität berüchtigt, jeder bekannt gewordene Vorfall hätte als Anlass zum Abbruch der Kooperation gereicht. Sogar die Abgabe von Schüssen in Richtung einer deutschen Fregatte wird bagatellisiert und an einen zahnlosen Kontrollmechanismus delegiert, in dem sich libysche Behörden selbst beaufsichtigen sollen. 

Wir fordern die Bundesregierung auf, für eine schonungslose Aufklärung aller libyschen Übergriffe zu sorgen, egal ob diese gegen Geflüchtete, Rettungsmissionen oder Schiffe der Bundeswehr gerichtet waren. Bis dahin muss die Zusammenarbeit auf Eis liegen. Das betrifft insbesondere die neuen gemeinsamen Kontrollzentren in Rom und Tripolis.“

Download der Antwort auf die Anfrage „EU-Unterstützung militärischer Kontrollzentren für Milizen der sogenannten Küstenwache in Libyen“: https://andrej-hunko.de/start/download/doc_download/1094-eu-unterstuetzung-militaerischer-kontrollzentren-fuer-milizen-der-sogenannten-kuestenwache-in-libyen