Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Anlässlich der Beendigung des Hungerstreiks von tausenden politischen Gefangenen in der Türkei rufen zahlreiche Unterzeichnerinnen und Unterzeichner die türkische Regierung dazu auf, die „wertvolle Möglichkeit zum Beginn eines ernstgemeinten Friedensdialogs“ zu erken-nen und Chance zu nutzen, um einen Dialog für die friedliche Lösung des türkisch-kurdischen Konflikts zu beginnen. Die Forderungen der Hungerstreikenden seien „nach wie vor akut und legitim“, heißt es in dem Aufruf.

Auch von den verantwortlichen Politikerinnen und Politikern in der Bundesrepublik und der EU verlangen die Unterzeichnenden, „sich jetzt für Verhandlungen zwischen der türkischen Regierung, der PKK und Abdullah Öcalan“ einzusetzen. Die deutsche Bundesregierung sehen sie „in der Verantwortung, dahingehend auf die türkische Regierung einzuwirken“.

Kritisch äußert sich der Aufruf bezüglich einer Gesetzesinitiative der türkischen Regierungs-partei AKP zum Gebrauch der kurdischen Sprache vor Gericht. Dieser könne „nicht als ernsthaftes Zugeständnis bezeichnet werden“, weil Kurdisch lediglich zur Anklageerhebung und für eine Einlassung zugelassen werden soll, „wenn eine Richterin oder ein Richter dies willkürlich so entscheidet“.

Zusatzinformation: Andrej Hunko wird am Samstag, den 24.11. auf der Demonstration der Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM e.V.) in Düsseldorf reden. Die Demonstration markiert das Ende der Bustour unter dem Motto „Freiheit für Abdullah Öcalan – Frieden in Kurdistan“. Die Veranstaltung beginnt um 13 Uhr vor dem DGB-Haus in der Friedrich-Ebert-Str. 34-38.

 


Aufruf: Nach Beendigung des Hungerstreiks muss der Dialog gesucht werden

Hungerstreik kurdischer politischer Gefangener beendet – Forderungen weiterhin berechtigt – Türkische Regierung muss jetzt den Dialog mit der PKK und Abdullah Öcalan suchen

Am 18. November beendeten mehrere tausend kurdische politische Gefangene ihren Hungerstreik, nach einer diesbezüglichen Aufforderung Abdullah Öcalans. Ein Teil von ihnen verweigerte für 68 Tage die Nahrungsaufnahme. Am 12. September hatten in der Türkei 63 kurdische politische Gefangene mit einem unbefristeten Hungerstreik begonnen, dem sich kurz darauf mehr als 600 Inhaftierte anschlossen. Seit Anfang November beteiligten sich weitere tausende kurdische politische Gefangene sowie ein Teil der Parlamentsfraktion der Demokratischen Friedenspartei BDP und mehrere BürgermeisterInnen an dieser Aktionsform. Der Hungerstreik erfuhr international als auch von nichtkurdischen linken Oppositionellen in der Türkei eine breite Unterstützung.

Wir sind sehr froh, dass niemand der beteiligten Menschen gestorben ist und hoffen, dass sie schnell wieder zu Kräften kommen und genesen. Ein in diesem Ausmaß und dieser Intensität durchgeführter Hungerstreik darf nicht ohne Auswirkung bleiben. Die Beendigung dieser Form des Widerstands sollte vielmehr als wertvolle Möglichkeit zum Beginn eines ernstgemeinten Friedensdialogs erkannt werden.

Die Forderungen der Hungerstreikenden sind nach wie vor akut und legitim. Sie stehen mit dem Völkerrecht und den Menschenrechten im Einklang. Die geforderte Demokratisierung der Türkei, die Garantie der Einhaltung des Völkerrechts und der Menschenrechte, die Aufhebung der mehr als 460 Tagen andauernden Isolation von Abdullah Öcalan, auch von seinen AnwältInnen, und dessen Freilassung sowie das Recht auf Unterricht sowie Verteidigung vor Gericht in der Muttersprache – all dies sollte Bestandteil des nun zu eröffnenden Dialogs sein. Eine friedliche Lösung der kurdischen Frage kann ohnehin nur in einem Dialog aller beteiligten Konfliktparteien gefunden werden. Das wissen wir aus mehreren internationalen Konflikten, wie z. B. in Südafrika. Abdullah Öcalan spielt dabei eine zentrale vermittelnde Rolle. Das macht die umgehende Reaktion auf seine Aufforderung den Hungerstreik zu beenden und statt dessen die geforderten Rechte durch politische Intervention außerhalb der Gefängnisse durchzusetzen, deutlich.

Die Gesetzesinitiative der AKP zum Gebrauch der kurdischen Sprache vor Gericht kann in diesem Zusammenhang nicht als ernsthaftes Zugeständnis bezeichnet werden. Kurdisch soll demzufolge lediglich zur Anklageerhebung und für eine Einlassung zugelassen werden können, wenn eine Richterin oder ein Richter dies willkürlich so entscheidet.

Die Menschenrechtslage in der Türkei bleibt dramatisch: Insgesamt wurden seit 2009 etwa 9.000 kurdische PolitikerInnen, ParlamentarierInnen, BürgermeisterInnen, AnwältInnen, JournalistInnen, MenschenrechtlerInnen, Feministinnen und GewerkschafterInnen unter der Regierung Recep Tayyip Erdoğan inhaftiert. Die Repression richtet sich zunehmend auch gegen andere linke oppositionelle PolitikerInnen, die sich mit der kurdischen Bewegung solidarisieren oder anderweitig regierungskritisch äußern. Die Regierungspolitik der AKP ist zunehmend rassistisch und autokratisch. Fast jeden Tag finden Militäroperationen in den kurdischen Provinzen des Landes statt, oft auch völkerrechtswidrig im Nordirak.

Das gravierende Unrecht muss sofort beendet werden. Ein sofortiger Waffenstillstand kann weiteres Blutvergießen verhindern. Die Hungerstreikenden haben sich mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben für den Beginn eines Dialogs eingesetzt. Die verantwortlichen PolitikerInnen in der Bundesrepublik und der EU müssen sich jetzt für Verhandlungen zwischen der türkischen Regierung, der PKK und Abdullah Öcalan einsetzen, wie sie bis Juni 2011 in Oslo und auf İmralı stattgefunden hatten. Es ist höchste Zeit einen ernstgemeinten langfristigen und beständigen Friedensprozess zu beginnen, an dem auch die BDP beteiligt wird.

Unterzeichnerinnen und Unterzeichner:

Emin Akbas, Lehrer
Dr. Ernst Busche, Bremer Friedensforum
Eva Böller, Bremer Friedensforum
Martin Dolzer, Soziologe
Hartmut Drewes, Pastor i. R.
Britta Eder, Rechtsanwältin
Dr. med. Gerhard Garweg
Maria Garweg, Menschenrechtlerin
Barbara Heller, Bremen
Wieland von Hodenberg, Autor, Bremer Friedensforum
Jürgen Karbe, Bremer Friedensforum
Michael Knapp, Historiker
Prof. Dr. Norman Paech, Völkerrechtler, ehem. MdB
Dr. med. Gisela Penteker, IPPNW
Dr. Werner Ruf, Friedensforscher
Antje Steinberg, Lehrerin GEW
Dr. Peter Strutynski, Friedensforscher
Hamide Akbayir, ehem. Landtagsabgeordnete, Die Linke
Diether Dehm, MdB Die Linke, Vorstandsmitglied Europäische Linke (EL)
Heidrun Dittrich, MdB Die Linke
Nicole Gohlke, MdB Die Linke
Inge Höger, MdB Die Linke
Andrej Hunko, MdB Die Linke, Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats
Ulla Jelpke, MdB Die Linke
Yilmaz Kaba, Landesvorstand Die Linke Niedersachsen
Niema Movassat, MdB Die Linke
Cansu Özdemir, Bürgerschaftsabgeordnete Hamburg, Die Linke
Marion Padua, Stadträtin, Linke Liste Nürnberg
Ingrid Remmers, MdB Die Linke
Sabine Stüber, MdB Die Linke
Feleknas Uca, ehem. Europaparlamentarierin Die Linke
Alexander Ulrich, MdB Die Linke
Johanna Voß, MdB Die Linke
Harald Weinberg, MdB Die Linke

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko