„Das Bundeskriminalamt hat jahrelang an einer Plattform zum Datentausch mit dem US-Militär teilgenommen. Von Interesse waren weitgehende Informationen über Aufständische in Afghanistan und im Irak. Weitergegebene Telefonnummern und Internetdaten könnten zum Aufspüren von Mobiltelefonen genutzt werden, um deren Träger/innen durch Drohnenangriffe zu töten“, warnt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko anlässlich der Antwort auf eine Anfrage zu entsprechenden Projekten, die offiziell bei Interpol geführt werden.

Bislang war eine Weitergabe sensibler Daten an den US-Militärgeheimdienst vor allem bezüglich des Bundesnachrichtendienstes bekannt geworden. Nun werden weitere Projekte bestätigt: Die internationale Polizeiorganisation Interpol hatte unter dem Namen VENNLIG und HAMAH Datensammlungen für Afghanistan und den Irak eingerichtet. Weitere Vorhaben für Somalia oder Syrien sind im Aufbau. Verarbeitet werden unter anderem Meldedaten, Lichtbilder, Fingerabdrücke, Passdaten, Telefonnummern, E-Mail-Adressen und „sonstige Kontaktdaten“. Zukünftig könnte der Datentausch von der EU-Polizeiagentur Europol erledigt werden.

Andrej Hunko weiter:

„Die genannten Projekte wurden durch die US-Kontaktstelle von Interpol in Washington eingerichtet. Dessen Direktor erklärt, dass Informationen zu ‚Aufständischen‘ in Afghanistan oder dem Irak mit Behörden in mehr als 60 Staaten geteilt würden. Das Generalsekretariat von Interpol lässt sich dabei für das Militär instrumentalisieren: Denn das US-Verteidigungsministerium hat die Projekte initiiert.

Auch mit dem Bundeskriminalamt wurden über mehrere Jahre Daten getauscht. Die Behörde erhielt zudem mehr als 200 Anfragen und teilte mit, ob zu den jeweiligen Personen Informationen vorliegen.

Das Bundesinnenministerium bestätigt, dass es für einen weitgehenden Informationsaustausch auf polizeilicher Ebene keine Rechtsgrundlage gegeben habe. Dennoch hat sich das BKA erst 2012 offiziell zurückgezogen.

Jedoch ist es möglich, dass die Mitarbeit des BKA fortan durch die EU-Polizeiagentur Europol übernommen wird. Ein Abkommen Europols mit Interpol erlaubt den Austausch von personenbezogenen Daten, die auch aus Deutschland angeliefert wurden. Der angebliche Ausstieg des BKA entpuppt sich so als Lippenbekenntnis.

Die Polizei- und Geheimdienstzusammenarbeit Deutschlands und der USA hat ein bedrohliches Ausmaß angenommen. Das BKA und Europol haben mehrere Abkommen mit dem FBI geschlossen. Diesen Sommer soll der automatische Abgleich von Fingerabdruckdaten beginnen. US-Behörden suchen dann in deutschen Polizeidatenbanken nach DNA-Spuren.

Die Aufrüstung der digitalen Kontrolle geht nicht mit mehr Bürgerrechten einher. Ein Datenschutzabkommen mit der EU wird weiter verzögert. Der Bundesinnenminister betrachtet US-Behörden wie die NSA weiterhin als gute Partner. Die Linksfraktion setzt sich hingegen für die Aussetzung entsprechender Zusammenarbeitsformen ein und fordert eine Untersuchung, wie aus Deutschland gelieferte IP-Adressen oder Telefonnummern bei außergerichtlichen Hinrichtungen mit Drohnen geholfen haben.

Das zuständige BKA müsste dabei gegen sich selbst, gegen den Bundesnachrichtendienst oder gegen seine Partner Europol und Interpol ermitteln. Wirkliche Ergebnisse sind dabei nicht zu erwarten. Wir werden deshalb anregen, die Angelegenheit im NSA-Ausschuss zu behandeln“.

Download der Antwort auf die Kleine Anfrage „Datentausch von Interpol, Europol und Bundeskriminalamt mit dem US-Militär über die Projekte VENNLIG und HAMAH“: http://www.andrej-hunko.de/start/download/doc_download/460-datentausch-von-interpol-europol-und-bundeskriminalamt-mit-dem-us-militaer-ueber-die-projekte-vennlig-und-hamah