Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Aus welchem Grund ist die Bundesregierung der Preisverleihung in Aachen an den UNO-Generalsekretär António Guterres ferngeblieben („Nur die Bundesregierung sorgt für Misstöne“, www.aachener-zeitung.de, 30. Mai 2019), an der unter anderem der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der spanische König teilgenommen haben, und in welchen Jahren hat die Bundesregierung zuvor davon abgesehen, einen Vertreter oder eine Vertreterin zur Verleihung des Aachener Karlspreises zu entsenden?

Bitte, Frau Staatsministerin.

Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt:

Sehr geehrter Herr Hunko, der internationale Karlspreis macht die historische und überragende Bedeutung des europäischen Projekts deutlich. Der Preis wurde vor über 60 Jahren das erste Mal verliehen, als in Europa nach den Verheerungen der Weltkriege die ersten Schritte hin zur europäischen Integration gemacht worden sind.

Der Karlspreis ist sicher eine der höchsten Anerkennungen für erbrachte Leistungen und Verdienste um die europäische Integration. Gleichzeitig gibt seine Verleihung auch Impulse für die Zukunft. Die Verleihung an António Guterres als engagiertem Anwalt für Multilateralismus auf der europäischen und internationalen Ebene, insbesondere bei den Themen Migration und Klimawandel, ist in diesem Sinne auch ein wichtiger Impuls für die Zukunft.

In der Regel nimmt die Bundesregierung an der Verleihung in Aachen teil, so auch im letzten Jahr, als Bundeskanzlerin Angela Merkel die Laudatio auf Emmanuel Macron hielt. Auch in diesem Jahr war eine Teilnahme durch eine Vertreterin oder einen Vertreter der Bundesregierung eingeplant. Wegen anderer terminlicher Verpflichtungen konnte diese aber kurzfristig leider nicht erfolgen.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage.

Andrej Hunko (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Sie haben ja jetzt einmal dargestellt, was der Karlspreis bedeutet. Als Aachener ist mir das durchaus bekannt. Ich kann Ihnen aber sagen, dass es zu erheblichen Irritationen in Aachen geführt hat, dass ausgerechnet bei der Verleihung dieses Preises an den UN-Generalsekretär, bei der unter anderem der portugiesische Ministerpräsident, Herr Juncker und das spanische Staatsoberhaupt da waren, die Bundesregierung erstmals, wenn ich das richtig sehe – das ist der zweite Teil meiner Frage: ob zum ersten Mal überhaupt –, nicht anwesend war. Das wurde in Aachen als diplomatischer Affront gewertet.

Sie verweisen nun auf andere Termine. Deshalb noch einmal die Frage: Was ist denn so wichtig, dass man einer solchen Verleihung fernbleibt?

Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt:

Es war vorgesehen, dass die Justizministerin Katarina Barley die Bundesregierung bei der Karlspreisverleihung vertritt. Aber sie musste leider ihre Teilnahme aus persönlichen Gründen kurzfristig absagen. Die Bundesregierung hat sich einen Tag vorher auch bemüht, einen Ersatz, einen Vertreter zu finden. Das ist leider nicht gelungen. Ich gehe davon aus, dass wir als Bundesregierung selbstverständlich im nächsten Jahr wieder vertreten sein werden.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Sie haben das Recht, eine zweite Nachfrage zu stellen.

Andrej Hunko (DIE LINKE):

Dann möchte ich die Frage stellen: War das schon einmal der Fall? Hat es das schon einmal gegeben, dass die Bundesregierung bei der Verleihung des Aachener Karlspreises nicht anwesend war?

Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt:

Das kann ich gerne in Erfahrung bringen und Ihnen dann mitteilen. Das weiß ich jetzt so nicht.

Vizepräsidentin Petra Pau: Gut, dann gilt das als verabredet. – Herr Krischer, Sie haben das Wort zu einer Nachfrage, und aus der FDP gibt es dann auch noch eine. – Bitte.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herzlichen Dank für Ihre Ausführungen, Frau Müntefering, und dafür, noch einmal deutlicher dargestellt zu haben, warum Herr Guterres den Karlspreis bekommen hat. Auch mir wurde übermittelt, dass es in der Stadt Aachen großes Unverständnis darüber gibt, dass die Bundesregierung zum ersten Mal bei einer solchen Preisverleihung nicht dabei war.

Mich würde interessieren: Ist der Bundesregierung zumindest die Rede von Herrn Guterres übermittelt worden, der einen sehr eindringlichen Appell explizit an die Bundesregierung gerichtet hat, beispielsweise in Deutschland eine CO2-Bepreisung einzuführen und Subventionen für fossile Energieträger abzubauen? Kann ich davon ausgehen, dass die Mitglieder der Bundesregierung diese Äußerungen des UN-Generalsekretärs auch zur Kenntnis nehmen?

Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt:

Sehr geehrter Herr Krischer, selbst wenn die Bundesregierung nicht persönlich vertreten war, können Sie fest davon ausgehen, dass sowohl die Rede von Herrn Guterres als auch seine inhaltlichen Positionen bei der Bundesregierung angekommen sind; denn wir stehen mit Herrn Guterres selbstverständlich in engstem Austausch.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Eine weitere Nachfrage stellt der Kollege Graf Lambsdorff.

Alexander Graf Lambsdorff (FDP):

Frau Barley sollte die Bundesregierung vertreten am 30. Mai, an Christi Himmelfahrt. Sie hat bereits am 26. Mai abends mehrfach öffentlich bekundet, ihr Regierungsamt nach der Europawahl niederzulegen. Sie hätte die Bundesregierung gar nicht mehr vertreten können. Können Sie mir erklären, wie Sie darauf kommen, dass Sie eine Ministerin, die keine Ministerin mehr ist, als Vertreterin der Bundesregierung schicken, die dann nicht erscheint? Ich bin selten mit Andrej Hunko einer Meinung, aber das ist wirklich unfassbar.

Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt:

Das ist nach meiner Kenntnis das erste Mal passiert. Wir werden noch einmal eruieren, ob es wirklich das erste Mal war. Ich habe gerade darauf hingewiesen, dass das im nächsten Jahr nicht wieder der Fall sein wird. Sehr geehrter Kollege Graf Lambsdorff, das ist ein Ausnahmefall gewesen, und es gab persönliche Gründe. Dafür bitte ich hier um Verständnis.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Sie wäre gar nicht mehr Ministerin gewesen! Sie hätte die Bundesregierung gar nicht mehr vertreten können!)

Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben leider keine Chance, eine zweite Nachfrage zu stellen. Wir haben das im Protokoll festgehalten. Sicherlich werden Sie ein Format finden, um das weiter zu bearbeiten.

Plenarprotokoll 19/103

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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