Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Neofaschistische »Kameradschaft Aachener Land« offenbar in Sprengstoff- und Morddelikte verstrickt. Linken-Politiker fordern Verbot der rechtsterroristischen Gruppe

Von Markus Bernhardt

Einzelne Städte und Kommunen in Nordrhein-Westfalen entwickeln sich zunehmend zu ungestörten Aktionsräumen militanter Neofaschisten. Neben der Ruhrgebietsmetropole Dortmund, die in den letzten Jahren aufgrund massiv zunehmender Nazigewalt von sich reden machte, sind gewalttätige Rechte vor allem im Raum Aachen aktiv. So kommt es in der im Dreiländereck gelegenen Stadt seit geraumer Zeit zu Bedrohungen und Übergriffen, die meist aus dem Umfeld der »Kameradschaft Aachener Land« (KAL) verübt werden. Die Gruppierung gilt als eine der äußerst aktionsorientierten und militantesten Kameradschaften in ganz NRW. Zudem sind ihre Sympathisanten und Mitglieder weit über die Grenzen Nord­rhein-Westfalens hinaus vernetzt und aktiv.

Erst in der Nacht zum 24. Oktober wurde der 19jährige Iraker Kamal K. in Leipzig erstochen. Als Haupttäter gilt den Ermittlungsbehörden der Rechtsextremist Daniel K., der seitdem ebenso wie der Mitbeschuldigte Marcus E. wegen des Vorwurfs des gemeinschaftlichen Mordes in Haft sitzt. Die Spur des gebürtigen Leipzigers Daniel K. führt indes direkt zur »Kameradschaft Aachener Land«. Informationen von Antifaschisten zufolge soll der mutmaßliche Mörder des jungen Irakers bereits vor Jahren nach NRW gezogen und Mitglied der neonazistischen Organisation geworden sein. Daniel K. war erst in diesem Jahr aus der Haft entlassen worden, zu der er 2007 wegen einer Geiselnahme und Körperverletzung im in der Nähe von Aachen gelegenen Stolberg verurteilt worden war. Neofaschistische Gruppen aus dem Rheinland riefen damals zur Solidarität mit ihrem Gesinnungskumpanen auf.

Unterdessen ist der Fall von Daniel K. nicht der einzige, der belegt, daß es sich bei der KAL und ihrem Sympathisantenumfeld um eindeutig rechtsterroristische Strukturen handelt. So wurde eine Demonstration anläßlich des von »Autonomen Nationalisten« ausgerufenen »Nationalen Antikriegstages« am 4. September in Dortmund von der Polizei untersagt. Der Grund: Beamte fanden im Zuge einer am 1. September unter anderem bei Anhängern der rechtspopulistischen Partei »Pro NRW« durchgeführten Hausdurchsuchung bei einem Kader der KAL Material, das geeignet war, ein »Explosionsverbrechen herbeizuführen«, wie es die Polizei nannte. »Die Demonstration wäre ein nicht kalkulierbares Risiko. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß Menschen zu Tode kommen«, sagte Dortmunds Polizeipräsident Hans Schulze damals bei der Pressekonferenz über die neue Qualität neofaschistischer Aktionen im bevölkerungsreichsten Bundesland.

Während der Aachener Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Linke) bereits seit Monaten das Verbot der militanten Nazigruppierung fordert, hüllt man sich seitens des NRW-Innenministeriums weiter in Schweigen. So antwortete Innenminister Ralf Jäger (SPD) Ende September auf eine von der Landtagsabgeordneten Anna Conrads (Linke) eingebrachte Kleine Anfrage, daß der Landesregierung keine Erkenntnisse über eine Zusammenarbeit von KAL und »Pro NRW« vorlägen. »Während in Aachen Familien, die sich gegen rechte Gewalt engagieren, bedroht werden und am Jüdischen Friedhof der Stadt Parolen wie ›Juden den Gashahn aufdrehen‹ zu lesen waren, scheinen Landesregierung und Polizei auch nach dem Mord an Kamal K. nicht bereit zu sein, offensiv gegen die ›Kameradschaft Aachener Land‹ vorzugehen«, konstatierte Conrads gegenüber junge Welt. Als Konsequenz daraus reichte die Abgeordnete am Dienstag eine neuerliche Anfrage zum Thema »Kameradschaft Aachener Land« ein.

Quelle: Tageszeitung junge Welt, 10.11.2010

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