Von Andrej Hunko, Erstveröffentlichung auf "Die Freiheitsliebe", 2. Dezember 2021
Trotz gravierender Menschenrechtsverletzungen setzt die Bundesregierung auf eine Ausweitung der Militärkooperation mit Kolumbien.
Vor fünf Jahren unterzeichneten die Regierung Kolumbiens und die Farc-Guerrilla das historische Friedensabkommen. Damit sollte der Jahrzehnte währende Konflikt überwunden werden, der Hunderttausende Menschenleben gekostet und mehrere Millionen Vertriebene produziert hat. Um die 100.000 Menschen gelten bis heute als verschwunden.
Trotz einiger Fortschritte ist die Bilanz ernüchternd. Wesentliche Aspekte des Abkommens sind bis heute nicht umgesetzt worden und die politischen Morde enden nicht. Die Menschenrechtsorganisation Somos Defensores hat allein von Januar bis September dieses Jahres 86 Morde an Menschenrechtsverteidiger:innen dokumentiert. Hinzu kommen zahlreiche Morde an ehemaligen Mitgliedern der Guerrilla, denen laut Abkommen eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zusteht. Laut UN-Verifizierungsmission in Kolumbien wurden zwischen 2016 und 2020 mindestens 248 Ex-Kombattant:innen der Farc getötet.
«Das Ganze ist ein militärisches Projekt, das auf permanenter Aufrüstung basiert»
Interview mit dem Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko, MdB DIE LINKE
Zeitgeschehen im Fokus Was ist Pesco, an dem sich unsere Vorsteherin des Verteidigungsdepartements beteiligen will?
Bundestagsabgeordneter Andrej Hunko Pesco steht für «permanent structured cooperation», auf Deutsch «ständige strukturierte Zusammenarbeit». Das hört sich zunächst ganz gut an, wird aber weitestgehend militärisch definiert, d. h. Zusammenarbeit im militärischen Sektor.
Seit wann gibt es das?
Das wurde mit dem Lissabon- Vertrag 2009 eingeführt und beinhaltet die Möglichkeit, für einen Teil der EU-Staaten militärisch voranzuschreiten. Das bedeutet, die militärischen Provokationen zu verstärken mit gemeinsamen Übungen und gemeinsamen Beschaffungsprojekten etc. DIE LINKE hat damals gegen den Lissabon-Vertrag gestimmt und gegen die angestrebte Militarisierung geklagt. Ich war damals als Mitarbeiter eines Abgeordneten im Europaparlament, von 2007 bis 2009, zu der Zeit, als das entwickelt wurde. Ich war auch im zuständigen Sicherheits- und Verteidigungsausschuss, dem SEDE, Security and Defence, und habe die Diskussionen hautnah mitbekommen.
Wieder einmal wird die Öffentlichkeit mit Halbwahrheiten und Lügen auf eine Militärintervention vorbereitet
Von Andrej Hunko
Ohne Zweifel befindet sich Venezuela in einer kritischen Lage. Die sich seit mehreren Jahren verschärfende Wirtschaftskrise hat enorme soziale Folgen und die politische Konfrontation ist zum Jahresbeginn auf ein nie dagewesenes Niveau eskaliert. Durch die offensichtlich aus den USA geplante und gesteuerte Inthronisierung des Parlamentspräsidenten Juan Guaidó zum „Übergangspräsidenten“ Venezuelas, ist der Konflikt brandgefährlich geworden. Seit Wochen droht die Trump-Regierung offen und im klaren Widerspruch zum Völkerrecht mit einer militärischen Intervention, um Präsident Maduro aus dem Amt zu jagen. Die Bundesregierung hat durch ihre formale Anerkennung des Putschisten als Präsident ebenfalls das Völkerrecht verletzt und Öl ins Feuer gegossen. Die Möglichkeit eines bewaffneten Konfliktes ist real. Doch spätestens seit dem Ende der Blockkonfrontation werden Kriege nicht mehr ideologisch oder machtpolitisch begründet, sondern bedürfen einer „noblen“ Erzählung. Heute geht es vorgeblich um Freiheit, Menschenrechte und Demokratie.