Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

„Die polizeiliche Kooperation mit dem Regime in Belarus geht viel weiter, als der ‚Tagesspiegel‘ derzeit berichtet. Aus unserer Kleinen Anfrage geht hervor, dass Bereitschaftspolizeien der Länder sogar Ausstattungshilfe geliefert haben“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko anlässlich der Berichterstattung über Kooperationen deutscher Polizeien mit Belarus.

Die Bereitschaftspolizeien haben unter anderem Ausstattungshilfe für die „Bewältigung von polizeilichen Lagen“ geliefert. Zur Ausbildung gehörte ebenso die „Erläuterung polizeilicher Schwerpunkte in einer Stadt (Ballungsräume)“ sowie die „Präsentation der Einsatztechnik der Bereitschaftspolizei“.

Andrej Hunko weiter:

„Die Bundespolizei hat 2010 einen eigenen Verbindungsbeamten an die Deutsche Botschaft Minsk entsandt. Seit 2009 betreibt Belarus eine Datenbank zur ‚Drogenbekämpfung‘. Entsprechende polizeiliche Maßnahmen haben anscheinend auch mit Deutschland stattgefunden.

Die Bürgerrechtsgruppe ‚Charter97‘ hatte berichtet, deutsche Polizisten hätten ihren belarussischen Kollegen ein Handbuch zum polizeilichen Umgang mit ‚Großlagen‘ überlassen (im Original: ‚Use of Alert Police Forces of Germany during Mass Street Events‘).

Die Bundesregierung bagatellisiert diese Handreichung zum Umgang mit Menschenansammlungen als ‚allgemeines Informationsmaterial‘. Dabei ist ihr eigener Umgang mit Großdemonstrationen regelmäßig in der Kritik: Letzte Woche hatte das Oberverwaltungsgericht Greifswald das Totalverbot von Demonstrationen beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm für rechtswidrig erklärt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die Bundesrepublik letztes Jahr gerügt, weil sie Menschenrechtskonventionen missachtete und Aktivist/innen in Vorbeugehaft steckte.

Belarus arbeitet auch mit polizeilichen Institutionen der Europäischen Union zusammen. Das Land hat Beobachterstatus bei der EU-Grenzpolizei FRONTEX. Ein Vertrag regelt den Informationsaustausch sowie Maßnahmen zur Ausbildung, Forschung und der ‚Erstellung von Risikoanalysen im Bereich des Grenzmanagements‘. Weitere ‚Pilotprojekte‘ zur Verbesserung von Grenzkontrollen sind geplant.

Die Zusammenarbeit soll ausgeweitet werden: Die EU-Kommission verhandelt ein ‚Rückübernahmeabkommen‘, womit über Belarus in EU-Mitgliedstaaten eingereiste Migrant/innen bequem zurückgeschoben werden können.

Belarus hat das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe bislang nicht unterzeichnet.

Menschenrechtsorganisationen weisen stets darauf hin, dass in den Gefängnissen gefoltert wird. Immer noch werden Todesurteile vollstreckt.

Laut der Bundesregierung habe die deutsche Polizeihilfe auch ‚Aspekte der Beachtung von Menschenrechten berücksichtigt‘. Der wachsweichen Formulierung traue ich allerdings nicht über den Weg.

Der Vorgang illustriert die Doppelmoral deutscher Außenpolitik: Offiziell werden EU-Sanktionen gegen Belarus unterstützt. Hinter den Kulissen aber hilft die Bundesregierung der Polizei bei der Aufstandsbekämpfung - unter dem Deckmäntelchen eines ‚Dialogs‘.

Ich gehe davon aus, dass auch die deutsche Überwachungsindustrie trefflich an Exporten nach Belarus verdient.

Ich unterstütze die Forderung zivilgesellschaftlicher Gruppen aus Belarus, wonach jede politische Zusammenarbeit an die Freilassung von inhaftierten Regimekritiker/innen gekoppelt werden muss. Hierzu gehört auch das Ende der Repression gegen Anarchist/innen, die wegen ihrer Aktionen zivilen Ungehorsams während der Wahlen 2010 festgenommen wurden.

Die EU muss ihre rigide Migrationspolitik grundsätzlich überdenken. Das gilt auch für das mit Belarus geplante Abschiebeabkommen“.

Download der damaligen Antwort auf die Kleine Anfrage zu Belarus vom Dezember 2011: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/081/1708119.pdf

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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