Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Schriftliche Fragen von Andrej Hunko an die Bundesregierung zur mutmaßlichen Ermordung von Andrea Wolf am 23. Oktober 1998

(1) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur mutmaßlichen Ermordung der deutschen Staatsbürgerin Andrea Wolf am 23. Oktober 1998 durch die türkische Armee und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8. Juni 2010, in dem die Türkei wegen des Verstoßes gegen Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Recht auf ein faires Verfahren) verurteilt wurde, da sie es versäumt hat, die Todesumstände der deutschen Staatsbürgerin Andrea Wolf adäquat und effektiv zu untersuchen, die am Gefecht beteiligten Soldaten ausfindig zu machen und zu verhören und auch kein ernsthafter Versuch unternommen wurde, das Grab der Andrea Wolf zu suchen ?

(2) Wie hat die Bundesregierung im Fall Andrea Wolf auf die Verweigerung der Rechtshilfe für deutsche Ermittlungen durch die türkische Justiz im Jahr 2005 (mit der Begründung, sie sehe „die Souveränität und die öffentliche Ordnung der Türkei" verletz° reagiert und was unternimmt die Bundesregierung, um eine faire Untersuchung des Todes der deutschen Staatsbürgerfit Andrea Wolf zu erreichen?

 

Anworten der Bundesregierung

(1) Die Bundesregierung erfuhr vom Tode Frau Wolfs durch eine am 28. Oktober 1998 vorn Sender „MED-TV" verbreitete Nachricht. Seitdem hat die Bundesregierung die türkischen Behörden mehrfach auf verschiedenen Ebenen uni Stellungnahme zu dem Fall gebeten. Dieser lagen nach eigener Aussage keine Erkenntnisse über den Tod von Frau Wolf vor.

Das Auswärtige Amt hat mit Schreiben vom 22. Juni 2004 ein Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main an das türkische Justizministerium weitergeleitet, in dem um Übersendung von Ablichtungen aus der entsprechenden türkischen Strafakte gebeten wurde. Das Rechtshilfeersuchen wurde vom türkischen Justizministerium ge­mäß Artikel 2 (b) des Europäischen Rechtshilfeabkommens in Strafsachen unerledigt zurückgesandt.

Im Juni 2011 teilte ein in der türkischen Region Van ansässiges Büro der Menschen­rechtsorganisation Human Rights Association (Insan Haklari Dernegi, IHD) mit, dass die Staatsanwaltschaft Van Untersuchungen zum Todesfall von Frau Wolf aufgenom­men habe. Die Bundesregierung bemüht sich, auch über die deutsche Botschaft in An­kara, mehr Informationen zu diesem neuen Sachverhalt zu erlangen.

(2) Das türkische Justizministerium berief sich bei der Ablehnung des Rechtshilfeersuchens auf die in Artikel 2 (b) des Europäischen Rechtshilfeabkommens in Strafsachen enthal­tene Formulierung, dass „die Erledigung des Rechtshilfeersuchens das Souveränitäts­ recht, die Sicherheit und die öffentliche Ordnung unseres Landes verletzen" würde. Das Auswärtige Amt hat mit Verbalnote vorn26. Oktober 2004 sein Bedauern über das unerledigte Rechtshilfeersuchen geäußert. Hierauf erfolgte mit Schreiben des türkischen Außenministeriums vom 13. Dezember 2004 eine nochmalige Ablehnung der Erfüllung des Rechtshilfeersuchens mit derselben Begründung. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat daraufhin am 10. März 2005 das Ermittlungsverfahren eingestellt.

Aus: Bundestagsdrucksache 17/6773, S.2+3.

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

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