Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

Mein Praktikum bei Andrej Hunko war eine abwechslungsreiche Reise, durch die unterirdischen Tunnel des Jakob Kaiser Hauses, vorbei an Sicherheitskontrollen und Polit-Prominenz bis hinein ins Herzstück der Republik, den meist leb- manchmal geisterhaften Plenarsaal ruhend unter der Glaskuppel des Reichstags Gebäudes. 

Mit dem blauen Praktikantenausweis, der sich optisch nur kaum merklich von denen der Bundestagsangestellten unterscheidet, war es überraschend einfach zwischen jeglichen Sälen, Hallen, Gängen, Höfen und Büros umherzustreunen, um sich ein umfassendes Bild vom Gebäude und dessen Eingeweiden zu machen. Da jeder mit unterschiedlichsten Aufgaben von Termin zu Termin eilt fällt man als Praktikant nur wenig auf, vorausgesetzt man passt sich der unausgesprochenen Kleiderordnung der Politiker Kaste an. 

Wenn uniformierte Vertreter der Bundeswehr adrett neben hochkarätigen Volksrepräsentanten in Nadelstreifen und Lederschuhen dastehen, füllt das den Raum tatsächlich mit einer Spur von Wichtigkeit. Dennoch ist das Malheur, der Ketchup Fleck, welcher kurz vor der Ausschusssitzung auf dem Couvert des Italieners Platz fand, ein Indiz, das mich an die Menschlichkeit dieses ganz speziellen Demokraten erinnert.

Mein Abgeordneter war da anders, zwar manchmal auch mit Fleck, dieser jedoch verschwindend auf kurzarm-Hemden in Bordeaux. Prima Vista sympathisch, unverkennbar menschlich, echt.

Im Büro Andrej Hunkos fühlte ich mich wohl. Die Mitarbeiter alle sehr beschäftigt dennoch freundlich, hilfsbereit und gelegentlich zu Scherzen aufgelegt. Nach einer kurzen Einarbeitungsphase übernahm ich selbständig täglich wiederkehrende Aufgaben: Post, Terminkalender, Tagesmappen. Im weiteren Verlauf des Praktikums kümmerte ich mich auch um gehaltvolleres, wie Recherchen, Bürgeranfragen, das Einholen von Information aus Verwaltungsorganen des Bundestages, dies stetig über Mail, Internet, Telefon oder auch persönliche Gespräche.

Diskussionen im Büro des Abgeordneten behalte ich in schöner Erinnerung. Er hinterm Schreibtisch, Fenster auf, Zigarettenrauch, ich auf dem Sofa sitzend, fragend, zuhörend. Brisante politische Themen, die unseren Alltag bestimmen uns frei machen, einschränken oder den Kopf schüttelnd zurücklassen. Hunko meistens mit Meinung, Idee oder Lösung. Die Antwort: Sozial.

Beobachtet man das Plenum, Fraktionssitzungen, die Abgeordneten, Zigaretten-Pausen im Hof oder den Lunch in der Kantine, zeichnet sich das Bild eines durchaus lebhaften aber ebenso trägen Schiffes, den Bundestag. So vieles wird diskutiert, wichtiges sicherlich, aber irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, dass dies die Instanzen sind, welche den generellen Kurs der Republik bewirken. Ich frage mich: Wer steuert? Wo sitzt Macht?                                                                                             

Besonders denke Ich bleibt sie in unbeachteten Räumen, über See, hinter verschlossenen Türen, und ganz besonders in Köpfen, den Vorstellungen von „Was darf - und was darf nicht“. Diese Vorstellungen so scheint es mir leider häufig, gänzlich unberührt von herzlichem empfinden. Und falls das Phantom das Schiff betritt, dann nimmt es wohl Platz, in den Restaurants der oberen Decks und wischt sich den Mund, mit weißen Servierten, die dann befleckt sind.

Die größte und wichtigste Erinnerung an die Zeit im Bundestag ist für mich das Treffen mit Julian Assanges Vater, welcher aus der eklatanten Dringlichkeit, die die Situation seines Sohnes betrifft nach Berlin reiste, um vor Vertretern der Fraktionen eine bedächtige, friedvolle und dennoch starke Stimme zu erheben. Zu meinem Bedauern nur im kleinen Kreis, von etwa 10 Volksvertretern sprach ein alter Man der seinen Sohn ans System verlor.

L.R. , 11.12.2022

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko