Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko

proactive„Mehrere deutsche Polizeibehörden interessieren sich für Software, mit der Soziale Netzwerke ausgeforscht werden um vermeintliche Gefahren vorherzusehen. Derartige Anstrengungen wurden zuletzt vom britischen Geheimdienst GCHQ mit seinem Tool ‚Squeaky Dolphin‘ bekannt. Ich kritisiere diese Form des Profilings aufs Schärfste“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko anlässlich Antwort des Innenministeriums zu entsprechenden Forschungen.

Das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei nehmen als Beobachter im von der Europäischen Union geförderten Projekt CAPER teil. Das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung bringt dort Software ein, die bereits beim BKA genutzt wird. An PROACTIVE sind auch das Bayerische Landeskriminalamt und die Universität der Bundeswehr München beteiligt. Die in CAPER entwickelten Werkzeuge sind auf das Aufspüren von „organisierter Kriminalität“ gemünzt. PROACTIVE richtet sich gegen „Terrorismus. Es sollen jeweils Prototypen entstehen. Insgesamt schlagen die Projekte mit rund 12 Millionen Euro zu Buche, von denen die Kommission rund zwei Drittel übernimmt.

Andrej Hunko weiter:

„Beide Projekte verfolgen eine ähnliche Zielsetzung: Es werden automatisierte Werkzeuge entwickelt, um Daten aus Suchmaschinen und Sozialen Netzwerken auszuwerten und darzustellen. Mit diesen sogenannten ‚Open Source‘-Informationen sollen auch ‚Informationen aus anderen Systemen‘ verknüpft werden. Hierzu gehören Polizeidatenbanken, aber auch Datenströme aus der Überwachung des öffentlichen Raumes. Ich weiß, dass das BKA bereits eine Bildersuche in seinen Informationssystemen einsetzt. Die Anwendung wurde vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung entwickelt, das mit dem BKA nun auch bei CAPER mit von der Partie ist.

Ähnliche Verfahren wurden im EU-Projekt INDECT beforscht, das deshalb von Bürgerrechtsgruppen zu Recht kritisiert wurde. Allerdings gehen die neuen Projekte viel weiter: Die Inhalte der Nachrichten werden mit ‚semantischen Analysemöglichkeiten‘ durchforstet.

Bereits die Projektbeschreibungen lassen eine uferlose Anwendung erkennen. Die Bevölkerungsscanner könnten nicht nur bei Ermittlungen zur Strafverfolgung aktiviert werden, sondern allgemein für ‚Gefahrenabwehranlässe‘.

Auch die Universität der Bundeswehr München ist an einem der Vorhaben beteiligt. Das dortige Institut für Flugsysteme will einen ‚mobilen fliegenden Sensorknoten‘ einbringen. Ob es sich dabei um eine Drohne handelt, wird nicht mitgeteilt. Die Bundeswehr interessiert sich aber ebenfalls für die Ausforschung des Internet: Das Verteidigungsministerium finanziert ein Forschungsvorhaben zur ‚Wissenserschließung aus offen Quellen‘. Zu den Partnern gehört ebenfalls ein Fraunhofer-Institut sowie der Softwarekonzern IBM.

Nutzerinnen und Nutzer des Internet dürfen nicht als potentielle ‚Gefährder‘ betrachtet werden. Die EU-Forschungsprojekte gehen also in die völlig falsche Richtung. Sie untergraben das ohnehin erschütterte Vertrauen in die Freiheit der Telekommunikation.

Wer davon ausgehen muss, dass eigene Twitter-Accounts oder Blogs automatisch auf zukünftige Risiken gescannt werden, wird sich in öffentlichen Äußerungen zurückhalten. Wir kennen dies bereits aus der Überwachung politischer Versammlungen. Das Bundesinnenministerium muss sich deshalb komplett aus den Vorhaben zurückziehen.“

Download der Antwort auf die Kleine Anfrage „Computergestütztes Aufspüren von unerwünschtem Verhalten im öffentlichen Raum“: http://www.andrej-hunko.de/start/download/doc_download/438-antwort-auf-die-kleine-anfrage-computergestuetztes-aufspueren-von-unerwuenschtem-verhalten-im-oeffentlichen-raum

Andrej Hunko vor einer Friedensfahne

Andrej Hunko