Die Torwächter Europas
Die Drecksarbeit der Migrantenabwehr wird nordafrikanischen Staaten übertragen. Deutsche Konzerne profitieren
Von Andrej Hunko
Nicht nur die Türkei, auch die Staaten Nordafrikas werden zu Torwächtern der EU bei der Flüchtlingsbekämpfung gemacht. Dies hat der Besuch des deutschen Innenministers Thomas de Maizière in Marokko, Algerien und Tunesien in der vergangenen Woche in aller Deutlichkeit gezeigt. Angaben der Bundesregierung in einer Antwort (Drucksache 18/7724) auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion zur deutschen Beteiligung an zivil-militärischen Ausbildungsmissionen in Libyen und Tunesien hatten dies schon gezeigt (sieh auch jW vom 4.3.). Einerseits sollen diese Staaten dazu gebracht werden, Geflüchtete »zurückzunehmen«. Die katastrophale Menschenrechtssituation in den Ländern wird dabei ausgeblendet; es geht, nach den Worten des Innenministers, um einen »Interessenausgleich«. Andererseits sollen sie, gemeinsam mit Libyen, im Rahmen einer vorverlagerten Migrationsbekämpfung die Außengrenzen der EU weiter abschotten helfen.
„Weltraumdatenautobahn“ für Grenzüberwachung und Drohnen: Airbus profitiert mehrfach
„Bei dem Satellitenprogramm der Europäischen Union wird oft die Umweltbeobachtung in den Vordergrund gestellt. Das führt in die Irre, denn die Systeme dienen auch der grenzpolizeilichen Überwachung. Vor allem der Airbus-Konzern profitiert von der satellitengestützten Aufrüstung europäischer Außengrenzen“, kritisiert der Bundestagsabgeordnete und europapolitische Sprecher der Linksfraktion, Andrej Hunko.
Die Europäische Weltraumorganisation ESA und der Rüstungskonzern Airbus Defence and Space errichten ein „europäisches Datenrelaissystem“ (EDRS) im Weltraum. Das System basiert auf Lasertechnologie und beschleunigt die Übertragung von niedrig fliegenden Beobachtungssatelliten auf Nahe-Echtzeit. Das EDRS wird von den Herstellern als „Weltraumdatenautobahn“ beworben. Ab Sommer 2016 könnte das System in Betrieb gehen.
Fragwürdige Sicherheitszusammenarbeit mit Tunesien
Anlässlich der Reise des Bundesinnenministers nach Marokko, Algerien und Tunesien und der geplanten Zusammenarbeit zur verbesserten Migrationskontrolle erklärt der europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Andrej Hunko:
„Neben Algerien und Marokko will die Bundesregierung auch Tunesien als ‚sicheres Herkunftsland‘ einstufen. Die Europäische Kommission verhandelt derzeit ein Abschiebeabkommen mit der Regierung in Tunis. Im Gegenzug wird das Land bei der Militarisierung seiner Grenzanlagen unterstützt. Mit der dieser Vorverlagerung der EU-Außengrenzen übergeht die Bundesregierung die wesentlichen Errungenschaften der Revolten von 2011, in denen TunesierInnen vor allem für Bewegungsfreiheit gekämpft hatten. Auch heute haben vor allem junge Erwachsene kaum Perspektiven im Land. Weiterhin werden kritische Medien zensiert und Aktivisten verfolgt. Homosexualität wird mit Gefängnis bestraft.
Deutsche Kampfdrohne „Heron TP“: Nun folgt die Bewaffnung mit Bomben und Raketen
„Nach Auswahl der israelischen ‚Heron TP‘ als Kampfdrohne für die Bundeswehr steht nun die Bewaffnung auf der Agenda. Die Bundesregierung will nach bereits stattgefundenen ‚Informationsveranstaltungen‘ mit Herstellern von Raketen und Lenkbomben verhandeln. Noch in diesem Jahr soll eine Entscheidung fallen. Klar ist schon jetzt, dass die deutsche Killerdrohne mehrere Waffensysteme gleichzeitig befördert“, kritisiert der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko eine entsprechende Mitteilung des Verteidigungsministeriums.
EU-Richtlinie: Bundesregierung plant grenzüberschreitenden Austausch von Vorratsdaten
„Bis 2017 überführen die EU-Mitgliedstaaten die Richtlinie für eine Europäische Ermittlungsanordnung in nationales Recht. Sie dient der Erleichterung des Zugangs und der Sicherstellung von Beweismitteln, darunter auch elektronischen. Deutsche Behörden könnten dann mit all jenen EU-Staaten Telekommunikationsdaten tauschen, die eine nationale Regelung zur Vorratsdatenspeicherung eingeführt haben. Es handelt sich dabei um einen tiefen Eingriff in die Grundrechte und in die Privatheit der Telekommunikation“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko.
EU-Aktionsplan gegen „Terrorismusfinanzierung“ macht die Rasterfahndung alltäglich
„Europäische Polizeidatenbanken werden in rapide steigendem Maße zur heimlichen Verfolgung von Personen genutzt. Nun werden weitere Vorratsdaten eingebunden, darunter Finanzdaten und Fingerabdrücke. Ein entsprechender Vorschlag der EU-Kommission bedeutet die alltägliche Rasterfahndung, denn auch die Möglichkeiten zur Analyse und Verknüpfung der Daten werden erweitert“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko zur Beantwortung der Kleinen Anfrage „Ausbau vernetzter EU-Datenbanken von Justiz und Polizei“.