Fragen an die Bundesregierung
Abgeordnete können für die Fragestunde in jeder Sitzungswoche bis zu zwei Fragen zur mündlichen Beantwortung an die Bundesregierung richten. Dabei darf jede Frage in zwei Unterfragen unterteilt werden und der oder die Fragende darf während der Fragestunde im Plenum weitere Zusatzfragen stellen. Die Antworten übernehmen meist die Parlamentarischen Staatssekretäre oder Staatsminister der Bundesministerien, mitunter aber auch die Minister selbst. Die Regierung beantwortet die Fragen von nicht anwesenden Abgeordneten innerhalb einer Woche schriftlich.
Schriftliche Frage (beantwortet) zum Anstieg der Personenfahndungen im Schengener Informationssystem
Frage: Welche Erklärung hat die Bundesregierung für den Anstieg der durch Deutschland im Schengener Informationssystem zur Fahndung ausgeschriebenen Personen von 101.268 am 1. Januar 2023 auf 172.743 am 1. Januar 2024 (siehe Bundestagsdrucksachen 20/5781 und 20/10782), und wie verteilen sich die durch Deutschland am Stichtag 1. Januar 2024 im Schengener Informationssystem zur Fahndung ausgeschriebenen Personen auf die einzelnen Ausschreibungskategorien?
Frage: Zu welchen Prüfungsergebnissen sind die zuständigen Stellen des Auswärtigen Amtes im Zusammenhang mit den mehrjährigen finanziellen Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung der gesetzlichen und freiwilligen Förderung gemäß Auslandsschulgesetz (ASchulG) am Colegio Humboldt Caracas (Deutsche Auslandsschule in Caracas) gelangt, und was wurde (und wird) unternommen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und solche Vorgänge für die Zukunft auszuschließen (siehe dazu www.bild.de/bild-plus/news/inland/news-inland/deutsche-schule-in-venezuela-untreue-verdacht-gegen-lehrerpaar-aus-rostock-82686376.bild.html)?
Antwort der Staatssekretärin Susanne Baumann vom 11. März 2024:
Frage: Wie viele Ermittlungen und Löschungsaufforderungen wurden im Rahmen des Digital Services Act (DSA) nach Kenntnis der Bundesregierung bisher durchgeführt, und wie viele Verleihungen des Status eines vertrauensvollen Hinweisgebers „trusted flaggers" an „geeignete Bewerber oder unabhängige Stellen, die nachweislich über Fachwissen bei der Aufdeckung, Identifizierung und Meldung illegaler Online-Inhalte verfügen“, gab es in diesem Zusammenhang seit Inkraftreten des DSA (25. August 2023 für große Plattformen und 17. Februar 2024 allgemein) EU- und deutschlandweit (EU: Europäische Union) nach ihrer Kenntnis bisher (https://germany.representation.ec.europa.eu/news/gesetz-uber-digitale-dienste-gilt-ab-morgen-der-ganzen-eu-2024-02-16_de)?
Schriftliche Frage (beantwortet) zum Austritt aus der alten Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung
Frage: Inwiefern sind ausländische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die bereits vor der Verabschiedung des Entwurfes eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (https://dserver.bundestag.de/btd/20/090/2009044.pdf) eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes noch gültige deutsche Einbürgerungszusicherung mit der Aufforderung, den Verlust der alten Staatsangehörigkeit nachzuweisen, erhalten haben bzw. noch vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine solche Einbürgerungszusicherung erhalten werden, trotz der nun grundsätzlich erlaubten Mehrstaatigkeit weiterhin verpflichtet, einen Austritt aus ihrer alten Staatsbürgerschaft zu vollziehen?
Frage: Bezieht sich die Absage des Bundeskanzlers Olaf Scholz, NATO-Kampftruppen in der Ukraine einzusetzen, in Reaktion auf die Aussage von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am 26. Februar 2024 (siehe dazu „Keine Soldaten auf ukrainischem Boden“ in Tagesspiegel am 27. Februar 2024) nur auf die Bodentruppen oder grundsätzlich auf alle Teilstreitkräfte, und hat Deutschland, ähnlich wie Großbritannien, bereits jetzt in der Ukraine "eine geringe Anzahl von Einsatzkräften zur Unterstützung der Streitkräfte der Ukraine" stationiert (siehe Aussage von Premierminister Rishi Sunak vom 27. Februar 2024, www.reuters.com/world/uk/britain-has-no-plans-large-scale-deployment-ukraine-pms-spokesman-2024-02-27/), wenn ja, in welcher Anzahl und mit welcher Funktion?
Frage:
Werden Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach Einschätzung der Bundesregierung für die Mitgliedstaaten verbindlich, falls der Änderungsantrag zu Artikel 1 der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR 2005), der vorsieht das Wort “non-binding” in den Definitionen von “temporary” und “standing recommendations” zu streichen, von der Weltgesundheitsversammlung angenommen wird (vgl. A/WGIHR/2/7, https://apps.who.int/gb/wgihr/pdf_files/wgihr2/A_WGIHR2_7-en.pdf), und wie positioniert sich die Bundesregierung zu diesem Änderungsantrag bzw. dem Vorhaben, zukünftig auch verbindliche Empfehlungen der WHO zu ermöglichen?
Frage: Welche konkreten Pläne verfolgt die Bundesregierung nach dem Stopp der Zahlungen an das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) infolge der mutmaßlichen Beteiligung von zwölf UNRWA-Mitarbeitern am Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, um eine Hungersnot (cnn.com vom 31.01.2024 „‘We are dying slowly:’ Palestinians are eating grass and drinking polluted water as famine looms across Gaza“, https://edition.cnn.com/2024/01/30/middleeast/famine-looms-in-gaza-israel-war-intl/index.html) und den drohenden Zusammenbruch des humanitären Systems im Gazastreifen (un.org vom 06.12.2023 „Gaza: Guterres invokes 'most powerful tool' Article 99, in bid for humanitarian ceasefire“, https://news.un.org/en/story/2023/12/1144447) abzuwenden, und konnte die Bundesregierung die Anschuldigungen gegen die zwölf der insgesamt 13.000 UNRWA-Mitarbeiter aus dem von Israel übermittelten Dossier verifizieren (tagesschau.de vom 29.01.2024 „UNRWA-Mitarbeiter als Geiselnehmer?“, https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-gaza-unrwa-100.html; nytimes.com vom 28.01.2024 „Details Emerge on U.N. Workers Accused of Aiding Hamas Raid“, https://www.nytimes.com/2024/01/28/world/middleeast/gaza-unrwa-hamas-israel.html)?
Frage: Inwieweit hält die Bundesregierung auch nach der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH), welcher die Klage gegen Israel wegen Verstößen gegen die Völkermordkonvention für grundsätzlich zulässig erklärt und Israel u. a. dazu verpflichtet hat, Gewalt gegen palästinensische Zivilisten einzudämmen (vgl. z. B. www.zeit.de/politik/ausland/2024-01/igh-fordert-israel-zu-besserem-schutz-von-palaestinensern-auf), auch weiterhin an ihrer Nebenintervention vor dem IGH fest, die von Regierungssprecher Steffen Hebestreit u. a. mit der Äußerung begründet wurde, der Vorwurf eines Genozids im Gaza-Streifen „entbehrt jeder Grundlage“ (siehe www.lto.de/recht/nachrichten/n/igh-israel-suedafrika-bundesregierung-nebenintervention-drittpartei-voelkermord-hamas/), und welche konkreten Schritte wird die Bundesregierung unternehmen, um der Forderung des IGH nach einem besseren Schutz von Palästinensern zur Umsetzung zu verhelfen (z. B. durch diplomatischen Druck auf die israelische Regierung oder durch ein Moratorium auf alle Waffenlieferungen nach Israel, solange die Vorwürfe eines möglichen Genozids vom IGH weiter untersucht werden)?
Frage: Welche Organisationen, in denen Deutschland vertreten ist, werden an der Beobachtung der kommenden Präsidentschaftswahlen in Indonesien teilnehmen, und sieht die Bundesregierung die Gefahr der Entstehung einer politischen Dynastie in Indonesien, vor dem Hintergrund der Ernennung des ältesten Sohns des gegenwärtigen Präsidenten Joko Widodo, Gibran Rakabuming Raka, zum Vizepräsidentschaftskandidaten von Prabowo Subianto Djojohadikusumo (siehe „Commentary: To many voters, a Prabowo presidency is really Jokowi 3.0“, in „The Jakarta Post“ am 9. Januar 2024 sowie „A President’s Son Is in Indonesia’s Election Picture. Is It Democracy or Dynasty?“ in „The New York Times” am 9. Januar 2024)?
Mündliche Frage (beantwortet) zur Ausarbeitung von Szenarien für ein Ende des Krieges in der Ukraine
Frage: Hat die Bundesregierung bzw. haben ihre Ressorts sowie nachgeordnete Bundesbehörden seit dem 24. Februar 2022 Szenarien für das Ende des Krieges in der Ukraine selbst ausgearbeitet oder an externe Organisationen in Auftrag gegeben (bitte Ressorts bzw. Organisationen angeben), und, wenn ja, sind darunter Szenarien gewesen, bei denen die Ukraine gegen Russland ihre militärischen Ziele nicht erreicht hat bzw. ihre territoriale Integrität in den Grenzen von 1991 nicht wiederherstellen kann (vergleiche „Das heikle Russlanddinner beim deutschen Botschafter“, „Der Spiegel“ am 22. Dezember 2023)?